Review zu Prince of Persia: Warrior Within (2004)

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Eingetragen am 26.06.2007 00:16:12 von Glogcke
Zuletzt geändert am 26.06.2007 00:59:44 von Glogcke

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Prince of Persia: Warrior Within (2004)

Warrior Within - Aufeinandertreffen der Extreme (8/10)
 
Prince of Persia hat mich eigentlich nie besonders interessiert. Jump ?n? Run ist nicht mein Genre. Beim ersten Teil ? damals noch in 2d ? kam ich nicht über das erste Level hinaus, hatte aber auch nicht den Elan es lange zu probieren. Der zweite Teil aus der Sands of Time-Reihe hat mich jedoch eines Besseren belehrt.

Auch ?Warrior Within? zeigt wieder, dass eine der wichtigsten Kategorien für ein gutes Spiel die Atmosphäre ist. Denn die stimmt hier zweifelsohne. Bereits das spannende und ansehnliche Intro überzeugt. Hierbei wurde eine Rendersequenz verwendet und glüchklicherweise nicht die, leider zum schlechten Standard gewordenen, Zwischensequenzen in Ingamegrafik. Letztere gibt es zwar auch, dennoch wird ein angemessenes Verhältnis gewahrt, sodass im Spieler nicht das Gefühl aufkommt, hier wurde gespart. Auch die (deutsche) Sprachausgabe ist überragend und trägt die Zwischensequenzen sowie die Handlung hervorragend.

Den Großteil des Spiels verbringt der Spieler damit einen gewaltigen Palast zu durchqueren, zu Beginn jedoch startet man des Nachts erst einmal während einer Überfahrt auf einem großen Segelschiff. Als dieses plötzlich von einer Herrschaar böser Kreaturen angegriffen wird, übernimmt man die Rolle des Prinzen und das Abenteuer beginnt. Ist dieses erste kurze Level, dass zum Abschluss einen kleinen Bosskampf gegen eine im gewohnte Maße attraktive Amazone bereit hält, beendet, erwacht man kurze Zeit später an einem Strand. Hier kommen die ersten Kletterpartien auf den Spieler zu, die jedoch nur ein Vorgeschmack dessen sind, was einen später noch erwartet. Nach einiger Zeit erreicht man den Palast, in dem man sich in den nächsten 60 Missionen und zwei verschiedenen Zeitabschnitten (Gegenwart und Vergangenheit) aufhält und in so ziemlich jeden Winkel vordringt.

Das gesamte Leveldesign ist dabei auf Höchstniveau. Bereits die Außenansicht der verfallenen Festung lässt Stimmung aufkommen und macht Lust auf mehr. Zwar sehen die kleinen Gänge etwas schmucklos aus, diese stellen jedoch in der Regel nur Verbindungen großer Hallen dar, die dafür umso prunkvoller wirken. Kennen sie die Szene in ?Der Herr der Ringe ? Die Gefährten? als Gandalf in den Höhlen von Moria sagt: ?Lasst mich etwas mehr Licht riskieren?? Daraufhin erhellt ein gewaltiger Raum Zwergenstadt und die Musik wird langsam und stimmungsvoll lauter. So in etwa wirken die zahlreichen Bauten in ?Warrior Within?. Pompöse Außenansichten, prächtige Gärten und riesige Hallen in denen gigantische Zahnräder auf und abfahren sind nur ein Bruchteil dessen, was man im Spielverlauf zu sehen bekommt. Auch die Grafik ist heute (Mitte 2007), 16x AA und 8x AF vorausgesetzt, wirklich noch ein Augenschmaus.
Durch das Leveldesign auf Höchstniveau wird gekonnt eine sehr gelungene Atmosphäre aufgebaut. Diese wird zudem noch dadurch deutlich intensiviert, dass "Warrior Within" parallel in zwei verschiedenen Zeitabschnitten angesiedelt ist. Es gilt nämlich das Schicksal des Prinzen zu verändern. Hierzu reist man immer wieder in der Zeit zurück und verändert diverse Räume und Gegenstände bereits in der Vergangenheit, um dann in der Gegenwart freie Bahn zu haben. Ein intelligentes und spannendes Konzep, durch das man sich permanent zwei unterschiedlichen Spielatmosphären gegenüber sieht, die auch unterschiedlich aufgenommen werden. Wirkt der verfallene Palast in der Gegenwart kalt, unheimlich und apokalyptisch, so bringt sein in der Vergangenheit noch belebtes Gegenstück Wärme sowie die Frage mit sich, was hier wohl noch geschehen Mag - denn schließlich wird aus dem Palast in der Zukunft eine verlassenen Ruine werden.

Die Atmosphäre erreicht durch diese Dipolarität ein enorm hohes Niveau und muss sich nur von Spielen wie "Gothic 2" in die Schranken verweisen lassen.

Der Umfang des Spiels ist erheblich. 65 Abschnitte sind bis zum Ende zu Meistern. Meines Erachtens nach etwas zu viel, denn auch das beste Design ermüdet irgendwann, wenn das Spiel kein Ende nimmt. 50 Level wären ausreichend gewesen.

Besonders auszeichnen tut das Spiel sich auch durch sein hervorragendes Kampfssystem. Denn ?Warrior Within? ist nicht nur Jump ?n? Run sondern außerdem auch Hack ?n? Slay. Und das nicht etwa durch stupides und wiederholtes drücken von ein bis zwei Tasten, sondern durch die unterschiedlichsten und vielfältigsten Kombinationen. Im Stile von Tekken können hier unterschiedliche Kombos einstudiert und untereinander kombiniert werden. Dabei kann die Umgebung kreativ in die Kombos einbezogen werden. So eignet sich beispielsweise der Mast einer Laterne um sich um diese herumzuschwingen und dabei sein Schwert auszustrecken. Gegner können mittels Überschlag auch einen Abhang hinuntergeschmissen werden. Weiterhin ist das Aufheben einer Zweitwaffe möglich, die dann weitere Kombinationen oder das Werfen derselbigen zulässt. Steht ein Gegner kurz vor seinem Ableben, beginnt er sich langsam zu verflüchtigen. Ein bereits derart angeschlagener Feind kann ähnlich wie bei Mortal Kombat durch diverse Finishing Moves endgültig ins Jenseits befördert werden. Auch hierbei gibt es die vielfältigsten Variationen die alle extrem hart und blutig daherkommen. Teilweise wurde von Prince of Persia-Fans geäußerst, dass der extrem hohe Goregehalt nicht zu Prince of Persia passen würde. Und auch bereits der Nachfolger "The Two Thrones" ist wieder deutlich zurückhaltender. Diese Kritik kann ich nicht verstehen. Ein Spiel kann sich auch durchaus weiterentwickeln und muss nicht ewig gleich bleiben. Die beinharten Kämpfe machen ein Grossteil des Spielspaßes aus, wirken aber nicht übertrieben oder zerstören gar die Atmosphäre.
Die USK 16 Freigabe für die unzensierte deutsche Version grenzt dabei an ein Wunder und lässt sich auch nur schlecht damit begründen, dass die Gegner nach der Geschichte keine Menschen sind. Ansehen tut man ihnen dies nämlich kaum. Blut spritzt hier literweise und es kommt regelmäßig zu diversen Goreeffekten wie Zerteilungen, Enthauptungen und abgetrennten Gliedmaßen, die dazu noch in Slow-Mo in Szene gesetzt werden. So manches Spiel bekam für Derartiges auch trotz nichtmenschlicher Gegner nicht mal eine Freigabe.

Angereichert wird das Kampf- und auch das Spielsystem zudem durch das ?Sand of Time?-Feature. In Krügen sowie durch das Ausschalten von Gegnern findet der Prinz den besagten Sand und nimmt diesen in sein Inventar auf. Mit fortschreitendem Spiel erlernt er zudem immer mehr Fähigkeiten, die es ihm erlauben die Zeit unterschiedlich zu manipulieren und mehr Sand aufzunehmen. So kann er sich etwa schneller bewegen, und seine Gegner mit einem Wust von Schlägen ausschalten, oder sich in Zeitlupe fortbewegen, um so besser Kämpfen zu können oder etwa komplizierten Fallen auszuweichen. Es gibt noch zahlreiche weitere Verwendungsmöglichkeiten, die allesamt optisch sehr schön und effektreich umgesetzt wurden. Die wichtigste Variante hierbei stellt die Möglichkeit dar, die Zeit zurückzudrehen. Dabei werden ähnlich der Funktion eines Videorekorders die letzten Spielsekunden im Schnelldurchlauf zurückgespult. Auf diese Weise kann man beispielsweise nach dem Sturz in einem Abgrund einen erneuten Versuch beginnen.

Und das ?Zurückspulen? ist auch bitter nötig, womit wir bei den Negativaspekten des Spiels angekommen sind. Das sind vor allem zwei Argumente, die jedoch äußerst gewichtig sind. Zum einen ist der Schwierigkeitsgrad immens. ?Immens? trifft es dabei eigentlich nicht. Passender ist es eher von einem ?absurden? oder ?perversen? Schwierigkeitsgrad zu sprechen. Die Kämpfe sind davon freilich nicht betroffen. Zwar sind einige Bosskämpfe durchaus hart, aber das gehört zu einer solchen Auseinandersetzung auch dazu. Von dem unglaublich harten Schwierigkeitsgrad betroffen sind ausschließlich die Jump ?n? Run-Elemente. Wer sich an das Spiel ranmacht sollte besser drei Tastaturen und fünf Mäuse in Reserve haben, sowie alle wertvollen Geräte im Umkreis von fünf Metern abmontieren oder mit Polstern abdecken. Denn ?Warrior Within? treibt einen teilweise in den Wahnsinn. Selbst geduldige Spieler verlieren die Fassung, wenn sie nach dem vierzigsten Versuch immer noch in dieselbe Grube fallen, von derselben Falle zerquetscht werden oder es einfach nicht gelingt ein spezielles Seil zu packen. Hat man es dann häufig nach unzähligen Versuchen geschafft, ist das Entsetzen groß, wenn man später denselben Weg zurück muss und wieder vor dem gleichen Hindernis steht.

Die Programmierer kommen dem Spieler bei einem so gewaltigen Schwierigkeitsgrad auch nicht entgegen. So kann man auch in ?Warrior Within? wieder nicht frei speichern, sondern lediglich an bestimmten Stellen (Brunnen) einen Spielstand anlegen. Diese Speicherpunkte folgen aber in zu geringen Abständen und sind meist nicht gut gewählt. Eine Schnellspeicherfunktion in ?Prince of Persia? würde einer Menge Tastaturen und Mäusen das Leben retten und gehört in ein derart schweres Spiel als Pflichtfeature hinein. In dieser Kategorie fährt das Game sich daher auch ein dickes ?ungenügend? in die Wertung ein. Denn häufig kommt es vor, dass man eine der besagten Horroraktionen nach stundenlangen versuchen hinter sich bringt, und dann versehentlich in ein ganz banales Loch fällt. Der Speicherpunkt wirft einen aber wieder vor das soeben überwundene Hindernis zurück. Die Versuche können auf diese Weise durchaus in den dreistelligen Bereich eingehen. Eine Stelle musste ich über 200x angehen, bevor ich endlich weiter kam. Auch die Rückspulfunktion ist dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn nach drei- bis sechsmaligem Zurückspulen ist der Sand der Zeit im Inventar aufgebraucht und man steht wimmernd vor dem noch immer nicht überwundenen Hindernis.

Der zweite Hauptkritikpunkt ist in gewisser Weise mit dem Schwierigkeitsgrad verbunden: Die Steuerung. Ich habe ?Warrior Within? mit Maus und Tastatur (W,A,S,D-Belegung) durchgespielt, eben jener Steuerungsvariante, die wohl die meisten PC-Nutzer verwenden werden. Das Spiel ist auf diese Art nicht unspielbar, wie in manch einem Review behauptet wird. Zwar habe ich die Gamepad-Variante nicht ausprobiert, aber zumindest die Kämpfe und eigentlich auch alle Bewegungen lassen sich problemlos auch mit Maus und Tastatur vollführen. Eigentlich? Denn ?Warrior Within? benutzt wie viele Spiele dieser Art stets andere Kameraperspektiven für bestimmte Raumabschnitte. Die Kamera folgt nicht etwa dem Prinzen oder ist verstellbar. Das tut dem Spielspaß dem Grunde nach auch keinerlei Abbruch. Das große Manko besteht jedoch darin, dass die Steuerung von Perspektive abhängig ist. Häufig wechselt die Perspektive leider genau vor einem schwierigen Hindernis, was dazu führt, dass der gerade geplante Sprung mit der eben noch gültigen Steuerung nicht mehr funktioniert und zum unweigerlichen Tot des Prinzen führt (und dann sind wir wieder beim Fiasko des letzten Kritikpunkts). Läuft man beispielsweise mit gedrückter ?w? Taste bei einer Vogelperspektive auf eine Grube zu und wechselt anschließend die Kamera in eine Linksperspektive, dann bedeutet ?w? aufeinmal nicht mehr "auf die Grube zu", sondern "rechts". Klingt verwirrend. Ist es auch. Diese perspektivabhängige Steuerung ist das reinste Martyrium und schmälert den Spielspaß teilweise ungemein.


Fazit:
?Prince of Persia ? Warrior Within? ist ein wirklich gutes Spiel, dass hätte überragend sein können, wenn man sich nicht die zwei üblen Schnitzer beim Schwierigkeitsgrad bzw. der nichtvorhandenen freien Speichermöglichkeit und beim Gameplay geleistet hätte. Die Steuerung ist nicht mangelhaft, wie mancherorts zu lesen, denn sofern keine Perspektivwechsel anstehen funktioniert sie. Trotzdem ist die Perspektivabhängigkeit eines der größten Ärgernisse.
Insgesamt überwiegen dennoch die positiven Aspekte, da Kampfsystem, Leveldesign und Story auf höchstem Niveau anzusiedeln sind. Die Story ist spannend und die Zwei-Zeiten-Idee durchaus intelligent. Erfreulich auch die netten Cutscenes und der Härtegrad bei den Kämpfen.

Insgesamt 8/10

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