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Review zu Realms of the Haunting (1997) |
Eingetragen am 25.12.2005 19:16:16 von Nerf |
Zuletzt geändert am 25.12.2005 19:16:16 von Nerf |
Mein heimlicher All-Time-Favourite |
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Es ist Weihnachten, die Langeweile greift um sich, da schreibt der Gamer gerne mal ein bisschen was für die OGDB. Zum Beispiel ein Review für eins meiner absoluten Lieblingsspiele, "Realms of the Haunting".
99% der PSP-Kids von heute werden sich erstmal fragen, was das denn eigentlich für ein Spiel sein soll. Und wer es kennt, wird sich fragen, wieso es ausgerechnet dieses Spiel mir so angetan hat. Und ein paar wenige Eingeweihte werden wissend mit dem Kopf nicken, weil sie mir absolut nachfühlen können...
Mitgenommen hab ich das Ding aus unserem örtlichen Media Markt anno 1997 eigentlich nur so aus Interesse. Die Familie nannte seit kurzem einen nagelneuen Pentium der ersten Generation ihr Eigen (mörderische 150 MHz unter der Haube), der nun gefüttert werden wollte. Mein Bruder nahm sich für flockige 28 DM die heute schon rare PC-Fassung von "Resident Evil" mit, und ich blätterte für "RotH" 40 DM auf den Tresen.
Als ziemlicher PC-Neuling habe ich mich damals auch noch nicht an der krümeligen Grafik und den ganzen Bitmaps gestört - "Quake" kannte ich nur vom Hörensagen. Stattdessen hat mich die ungewöhnliche Geschichte sofort in ihren Bann gezogen. Die 3 CD-ROMs waren randvoll mit Videoclips, die die Story vorantrieben und eine rührend unbeholfene Kombination aus echten Schauspielern und CGI-Hintergründen boten. Hauptfigur war Adam Randall, der vom Äußern etwas an Ricky Martin gemahnte, seine Sache aber nicht schlecht machte. Und dieser junge Herr wird nun in einem Dorf in Cornwall namens Helston in eine Verschwörung finsterer Mächte hineingezogen, muss verschiedene Welten bereisen, böse Dämonen bekämpfen und die Apocalypse verhindern. Klingt wenig originell, aber ist sauspannend. "RotH" fährt eine erlesene Auswahl an skurrilen Charakteren und mysteriösen Schauplätzen auf und bietet dabei auch eine ganz eigene, skurrile Version der altbekannten Weltuntergangs-Geschichte. Man stiefelt durch alte Herrenhäuser und himmlische Gärten, durch Labyrinthe irgendwo in finsteren Kellern, über Pfade, die irgendwo hoch oben in der Düsternis schweben, wehrt sich dabei gegen eine Vielzahl böser Entitäten und erfüllt allerlei bizarre Aufgaben.
Optisch macht "RotH" also nicht so viel her, die Grafikengine bietet aber solide Leistungen mit extrem ausladenden und herrlich verwinkelten Levels. Die Texturen darf man sich ungefähr auf "Doom"-Niveau vorstellen - na gut, ein Stückchen besser sind sie doch. Außerdem will das Spiel per Maus-Tastaturkombi gesteuert werden, was man damals ja noch nicht so gewohnt war. Und die Steuerung ist wahrlich gewöhnungsbedürftig: Man bewegt sich - und man schaut auch umher (nix Mouselook!) - komplett per Tastatur, mit der Maus wehrt man sich gegen Feinde, betätigt Schalter, untersucht Gegenstände und nimmt Sachen auf. Als Waffen fungieren altbekannte Doom-Weggefährten wie Pistole und Pumpgun, daneben aber auch eine erlesene Auswahl an Zauberstäben und ähnlichem.
Zusätzlich trifft man im Verlauf des Spiels unzählige Personen, die einem mal mehr, mal weniger gut gesonnen sind. Zum Glück gibt es ein geräumiges Inventar, in dem jede dieser Personen abgespeichert und zur späteren Information wieder aufgerufen werden kann. Dasselbe geschieht mit den zahllosen Items, die später immer mal wieder untersucht werden müssen, um ihr Geheimnis zu lüften.
Und so stolpert der Spieler in der Rolle des Adam durch die (in Kapiteln unterteilte) Geschichte und versucht die Rätsel zu lösen, die ihm aufgetragen sind. Das monsterverseuchte Mausoleum, dessen Eingang sich hinter dem Bücherregal von Adams Vater verbirgt, ist da nur der Anfang... Für eine spannende Spiel-Session ist jedenfalls gesorgt, auf ganz altmodischem Niveau natürlich. Die MIDI-Musik tönt gruselig wie eh und je, die bizarren Videosequenzen machen neugierig auf das, was kommt, und wenn sich mal wieder mit einem infernalischen Schrei ein Dämon aus dem Boden erhebt, dann zuckt man immer wieder zusammen. Die dargestellte Gewalt ist mehr als moderat, Blut fließt fast gar nicht, und auch die heutzutage obligatorischen Schocksequenzen (hallo, "Quake 4") hatte Gremlin Interactive damals nicht nötig. Worauf man als Spieler gerne verzichtet hätte, sind die ab und an vorkommenden Jump'n'Run-Passagen - wegen der exquisiten Steuerung nur schwer zu meistern. Dafür entschädigt der schiere Einfallsreichtum der Entwickler, die dem Spiel wirklich einige irre Ideen angedeihen ließen, etwa die Puzzles, die man hin und wieder lösen soll, oder die vertrackten Levels. Wer erinnert sich nicht an das "Gehirn" zurück, in dessen Windungen man herumirrte, von seltsamen Wesen gejagt und verzweifelt auf der Suche nach den dringend benötigten 16 kleinen Gehirnen - mit denen wiederum eine Höllenmaschine gefüttert werden musste, die dann den Ausgang öffnete?
Die deutsche Synchronisation ist übrigens sehr zu empfehlen, vor allem die lakonischen Kommentare des Hauptdarstellers Adam Randall lockern das Geschehen immer mal wieder auf. Mit professionellen Produktionen ist das alles nicht zu vergleichen, aber vor allem die Videos umweht ein herrlicher Hauch von begeisterten und begabten Amateurproduktionen. Die Spieldauer kann sich übrigens heute noch sehen lassen, ein paar sehr vergnügte Abende sind bei dem Spiel immer drin.
So steht denn das Spiel immer noch auf seinem festen Platz in meinem Zimmer, obwohl der alte Pentium-PC längst ausgemustert ist. Und bis ich es irgendwann unter DOSBox zum Laufen bringe, erinnere ich mich gerne an die spannenden Stunden zurück, die ich in der Welt von "RotH" verbracht habe. |
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