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Information zu The Punisher (2005) |
Indizierungsbericht |
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Pr. 184/05 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
Entscheidung Nr. 6956 (V) vom 11.5.2005
bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 98 vom 31.5.2005
Antragsteller: Verfahrensbeteiligte:
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Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat auf den am 16.3.2005 eingegangenen Indizierungsantrag am 11.5.2005 gemäß § 23 Abs. 1 JuSchG im vereinfachten Verfahren in der Besetzung: ...
... einstimmig beschlossen:
Das Computerspiel
?The Punisher?
(US-Vollversion)
PC CD-ROM
- -
wird in Teil B der Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen.
S A C H V E R H A L T
Verfahrensgegenständlich ist das PC-Spiel ?The Punisher? in der englischsprachigen US-Vollversion. Das Spiel wird in Deutschland von der Firma -, - vertrieben.
Das Spiel wurde der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) nicht zur Erteilung eines Alterskennzeichens vorgelegt.
Die folgenden minimalen Systemvoraussetzungen müssen erfüllt sein, um das Spiel in Betrieb nehmen zu können: Personal-Computer mit 1 Ghz Taktfrequenz, 128 MB RAM, eine DirectX 8.1 kompatible Grafikkarte mit 64 MB Speicher, eine DirectX 8.1 kompatible Soundkarte, Tastatur und Maus, 2 GB freiem Festplattenspeicherplatz sowie Windows 98 SE, ME, 2000 oder XP mit Administratorrechten.
Das Spiel umfasst im Singleplayer-Modus 16 Level, ein Multiplayer-Modus ist nicht integriert. Der Spieler verkörpert den aus den Comics der Firma Marvel und dem Film ?The Punisher? bekannten Anti-Helden ?Frank Castle?. Der Punisher ist im Spiel von hinten zu sehen, der Spieler steuert ihn aus der 3rd-Person-Perspektive. Neben Messern und Pistolen kann der Punisher auch Waffen wie beispielsweise Maschinengewehre und -pistolen, eine Schrotflinte, Granaten oder einen Flammenwerfer einsetzen. Wie in manchen Action-Filmen hat der Spieler die Möglichkeit, einen Großteil dieser Waffen im ?dual-wielding?-Modus zu verwenden. Dabei trägt die Spielfigur zwei gleiche Waffen, also z.B. zwei Pistolen, was die Feuerkraft verdoppelt. Im Laufe des Spieles finden sich die Waffen an bestimmten Stellen in einem Spielabschnitt (?Level?) sowie bei getöteten Gegnern. Dabei kann der Spieler maximal zwei verschiedene Waffenarten gleichzeitig (also z.B. zwei Pistolen und zwei Maschinenpistolen) und zusätzlich Granaten tragen. Weiterhin ist die Spielfigur von Beginn an mit einem Messer bewaffnet.
Der Gesundheitszustand der Spielfigur wird über einen roten Balken dargestellt. Durch das erfolgreiche Befragen von Gegnern und die Befreiung von Geiseln kann die Spielfigur Lebensenergie zurückerhalten und sich damit quasi heilen. Die genretypischen Verbandskästen kommen im Spiel nicht vor.
Die Level stellen sich als real existierende Schauplätze wie Häuser, ein Zoo, ein Hafengelände oder ein Museum dar. Die Handlung basiert auf dem Rachefeldzug des Hauptdarstellers Frank Castle, der in Selbstjustiz den Tod seiner Familie rächen will.
- - beantragte mit Schreiben vom 16.03.2005 die Indizierung des oben genannten Spiels, da dessen Inhalt geeignet sei, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. Der Sinn des Spieles liege fast ausschließlich in der exorbitanten Gewaltdarstellung. Es enthalte keinerlei Rätsel oder andere gewaltfreie Aktivitäten, die das Töten unterbrechen. Das Spiel zeige so nur den aus Selbstjustiz stattfindenden, äußerst gewalttätigen Rachefeldzug des Hauptdarstellers.
Die Verfahrensbeteiligte wurde form- und fristgerecht davon benachrichtigt, dass über das Spiel gemäß § 23 Abs. 1 JuSchG im vereinfachten Verfahren entschieden werden solle. Sie hat sich hierzu nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prüfakte und auf den des Computerspiels Bezug genommen. Das Spiel wurde den Mitgliedern des Dreiergremiums in seinen wesentlichen Teilen vorgeführt und erläutert. Sie haben die Entscheidung sowie die Entscheidungsbegründung in vorliegender Fassung einstimmig beschlossen und gebilligt.
G R Ü N D E
Das Computer-Spiel ?The Punisher? (US-Vollversion), -, -, war antragsgemäß zu indizieren.
Sein Inhalt ist offensichtlich geeignet (§ 23 Abs. 1 JuSchG), Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren, wie das Tatbestandsmerkmal ?Gefährdung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihrer Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit? in § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG nach ständiger Spruchpraxis der Bundesprüfstelle sowie höchstrichterlicher Rechtsprechung auszulegen ist.
Der Oberbegriff des Gesetzes ?sittlich zu gefährden?, der im Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) formuliert war, ist in dem seit dem 1.4.2003 geltenden Jugendschutzgesetz nunmehr ersetzt worden durch o.g. Begriff. Gleichwohl ist der anzulegende Prüfungsmaßstab für die Jugendgefährdung davon nicht berührt. Auch in der Begründung zum Jugendschutzgesetz (Drucks. 14/9013, S. 58) wird ausdrücklich erwähnt, dass sich die Beurteilungskriterien inhaltlich nicht durch die neue Formulierung verändert haben.
Zu den nach § 18 Abs. 1 JuSchG jugendgefährdenden Medien zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien.
Verrohend wirkende Medien sind dabei solche, die geeignet sind, auf Kinder und Jugendliche durch Wecken und Fördern von Sadismus und Gewalttätigkeit, Hinterlist und gemeiner Schadenfreude einen verrohenden Einfluss auszuüben. Das ist der Fall, wenn mediale Gewaltdarstellungen Brutalität fördern bzw. ihr entschuldigend das Wort reden. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn Gewalt ausführlich und detailliert gezeigt wird und die Leiden der Opfer ausgeblendet werden bzw. die Opfer als ausgestoßen, minderwertig oder Schuldige dargestellt werden (Nikles, Roll, Spürck, Umbach; Jugendschutzrecht; § 18 Rdnr. 5). Daneben ist unter dem Begriff der Verrohung in § 18 Abs. 1 S. 2 JuSchG aber auch die Desensibilisierung von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf die im Rahmen des gesellschaftlichen Zusammenlebens gezogenen Grenzen der Rücksichtnahme und der Achtung anderer Individuen zu verstehen, die in dem Außerachtlassen angemessener Mittel der zwischenmenschlichen Auseinandersetzung sowie dem Verzicht auf jedwede mitmenschliche Solidarität ihren Ausdruck findet (Jörg Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdnr. 277).
Spiele, die den Spieler zur Vernichtung menschlicher bzw. menschenähnlicher Wesen auffordern und diese Vorgänge detailfreudig und darüber hinaus so darstellen, dass die Tötungsvorgänge als besonders brutal eingestuft werden müssen, sind in der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle stets als verrohend eingestuft worden.
Das verfahrensgegenständliche Spiel zeigt nach Auffassung des Dreiergremiums die Darstellung von Gewalt in grausamster Form sowie mit erschreckender Selbstverständlichkeit. Zusätzlich verstärkt wird die Gewaltdarstellung durch die extrem starke Visualisierung der Tötungsvorgänge. Dabei sticht vor allem die Tatsache heraus, dass der Spieler die Möglichkeit hat, Gegner auf mehrere verschiedene Arten zu töten. Weiterhin erlaubt das reale Setting des Spieles, die ausschließliche Verwendung von real existierenden Waffen und die Tatsache, dass nur Menschen und keine Fantasiewesen als Gegner dargestellt sind, eine leichte Identifizierung mit den Vorkommnissen im Spiel.
Die verschiedenen Tötungsmöglichkeiten stellen sich wie folgt dar. Zunächst kann der Spieler gegnerische Spielfiguren, die bis auf zwei Endgegner (ein Panzer und ein Hubschrauber) allesamt als Menschen dargestellt sind, mit dem Fadenkreuz anvisieren und durch Beschuss mit der momentan gewählten Waffe töten. Je nach gewählter Waffe sind einer bis mehrere Schüsse nötig, um den Gegner zu töten. Darüber hinaus kommen auch menschliche Endgegner vor, die nur durch zahlreiche Treffer mit bestimmten Vorgehensweisen zu verletzen und zu töten sind. Der Gegner ?Jigsaw? lässt sich zum Beispiel nur mit speziellen Minen erfolgreich bekämpfen. Als besonders widerwärtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache zu beurteilen, dass dem Spieler zu Beginn des Levels ?Grey?s funeral home? 16 unbewaffnete Gegner gegenüberstehen, die, ohne Gefahr zu laufen selber verletzt zu werden, in Ruhe abgeschlachtet werden können.
Als zweite Option kann der Spieler sich einem Gegner nähern und dann durch Druck auf eine Taste einen so genannten ?Quick Kill? ausführen. Zunächst wird der Gegner per Tastendruck überwältigt. Dann reicht ein weiterer Tastendruck aus, um die Tötungsanimation einzuleiten. Die eigentliche Tötung verläuft automatisch. Das Programm wählt je nach gewählter Waffe aus einem Repertoire an vorgefertigten Tötungsdarstellungen zufällig eine aus und stellt diese dann dar. Hält der Punisher beispielsweise gerade eine Pistole in der Hand, kann ein ?Quick Kill? so aussehen, dass der Gegner durch einen aufgesetzten Schuss auf die Stirn exekutiert wird. Mit ausgewählter Schrotflinte wird der Opponent zum Beispiel niedergeschlagen und dann auf dem Rücken liegend in die Brust geschossen. Zufällig ausgewählt werden auch Quick Kills mit dem Messer dargestellt, welches dem Gegner etwa von oben in den Kopf oder das Auge gerammt wird oder dazu verwandt wird, ihm die Kehle durchzuschneiden, sowie mit einer Handgranate, die dem Gegenüber in den Mund gestopft und dann entsichert wird, was eine Explosion des Kopfes nach sich zieht. Besonders brutale ?Quick Kills? treten bei Verwendung von Waffen wie abgebrochenen Glasflaschen, die dem Gegner ins Gesicht gestoßen werden und Küchenbeilen auf, welche dem Gegner unterhalb der Nase horizontal in den Kopf geschlagen werden. Ein ?Quick Kill? reicht grundsätzlich dazu aus, den angegriffenen Gegner zu töten. Vorausgesetzt die Spielfigur steht dicht genug beim Gegner, gelingt der ?Quick Kill? auf jeden Fall, eine Fehlerquote bei der Durchführung existiert nicht. Für einen erfolgreich durchgeführten Quick Kill werden dem Spieler 250 Punkte gutgeschrieben.
Als dritte Möglichkeit, seine Opponenten zu töten, eröffnen sich die so genannten ?Special Kills?. Hierbei handelt es sich um Orte, an denen der Gegner unter Zuhilfenahme der Umgebung getötet werden kann. Dazu muss der Gegner, wie bei einem ?Quick Kill?, erst überwältigt werden, um dann per Tastendruck getötet zu werden. Auch bei dieser Tötungsart gibt es keine Fehlerquote. So kann der Gegner an eine Riesenschlange verfüttert, mit dem Kopf in eine Bärenfalle gedrückt oder auf einem aztekischen Opferaltar hingerichtet werden. Für einen ?Special Kill? erhält der Spieler 1.000 Punkte.
Der vierte Weg, um eine feindliche Spielfigur zu töten, ist der ?Slaughter Mode?. Für eine Zeitspanne von etwa 12 Sekunden hat der Spieler die Möglichkeit, in diesem in schwarz/weiß gehaltenen und in Zeitlupe dargestellten Modus seine Gegner zu bekämpfen, indem er einen unerschöpflichen Vorrat an Kampfmessern auf sie wirft oder sie im Nahkampf damit niedersticht. Während der Punisher sich im ?Slaughter Mode? befindet, steigt seine Lebensenergie stetig an, er erleidet weniger Schaden als üblich, bewegt sich schneller als normal und nimmt automatisch den nächsten Gegner ins Visier. Diese Umstände machen die Spielfigur im direkten Vergleich zu seinen Gegnern noch stärker und stärken die ohnehin schon maßlos überlegene Spielfigur weiter, so dass der schon vorher ungleiche Kampf zwischen dem Punisher und seinen Gegnern nun vollends zu einer Abschlachtung derer verkommt. Durch Tötung von Gegnern lädt sich der ?Slaughter Mode? wieder auf und kann, nachdem genügend Gegner getötet wurden, wieder eingesetzt werden. Dabei laden ?Quick Kills? den ?Slaughter Mode? nur leicht, ?Special Kills? hingegen stark auf.
Das ohnehin schon exorbitant hohe Ausmaß an dargestellter Gewalt wird durch das im Spiel zur Darstellung gebrachte Punktesystem und die Möglichkeit, Gegner zu verhören bzw. als menschliches Schutzschild zu missbrauchen, um ein Vielfaches erhöht.
Grundsätzlich kann jeder Gegner ergriffen und als menschlicher Schutzschild verwendet werden. Wird der Punisher nun von Feinden beschossen, wird erst der als Schutzschild vorgehaltene Gegner getroffen. Der Punisher bleibt so körperlich unversehrt. Diese Vorgehensweise ist bei der Jagd nach Punkten wichtig. Eine mögliche Vorgehensweise, um viele Punkte zu erzielen, ist es, viele Gegner in Folge durch ?Quick Kills? zu töten, ohne währenddessen verletzt zu werden. Um unverletzt zu bleiben, ist es am einfachsten, sich eines menschlichen Schutzschildes zu bemächtigen. Für einen ?Quick Kill? erhält man 200 Punkte und für je fünf in Folge getötete Gegner werden die aktuell erzielten Punkte mit einem Faktor multipliziert. Hat man 5 Gegner getötet, werden die Punkte mit dem Faktor zwei multipliziert, für 10 tote Feinde mit dem Faktor drei und so weiter.
Ein menschlicher Schutzschild kann darüber hinaus durch eine geschlossene Tür geworfen werden, um so die Kugeln der hinter der Tür befindlichen Gegner von der Spielfigur abzulenken. Eine ebenfalls aus vielen Actionfilmen bekannte Technik ist die Möglichkeit Türen aufzutreten.
Eine bislang aus Spielen nicht gekannte Gewaltanwendung ist das umfangreiche Verhör-System. Jeder Gegner kann festgehalten und durch Anwendung von Gewalt zum Reden gebracht werden. Der Gegner muss dabei durch Gewalt so unter Druck gesetzt werden, dass er eventuelle Informationen preisgibt. Ist die angewandte Gewalt zu stark, sinkt die Lebensenergie des Verhörten und er stirbt. Es gibt zwei unterschiedliche Methoden von Verhören, die ?normale? Methode und die ?Special Interrogation?, die an die Gegebenheiten des Levels geknüpft ist. Beim ?normalen? Verhör wird der Gegner festgehalten und durch Bedrohung mit einer Waffe, durch Faustschläge, durch Würgen oder das Schlagen des Kopfes auf den Boden verletzt und unter Druck gesetzt. Nach der Spielprogrammierung können weit mehr als vierzig separat animierte, verschiedene Varianten der ?Special Interrogation? angewandt werden. So kann der Gegner beispielsweise an den Armen aufgehängt werden. Diese werden dann mit einem Kran in die Höhe gezogen, bis sie aus dem Körper reißen. Bei anderen Verhörmethoden werden Gegner zum Beispiel in ein Becken mit Zitteraalen geworfen, im Krematorium bei lebendigem Leibe verbrannt, mit einem Gabelstapler überfahren, mit dem Gesicht in einen Ventilator oder Flugzeugpropeller gehalten oder mit dem Kopf in eine Friteuse gedrückt. Die Darstellung ist dabei soweit verändert, dass beim finalen Augenblick der Tötung, wenn beispielsweise der Gegner mit dem Kopf in eine Säge gehalten wird, die Kamera wegdreht und die Darstellung auf schwarz-weiß umschaltet. Anzumerken ist, dass das Wegblenden nicht immer funktioniert und als Resultat die Szene dann doch in allen Einzelheiten zu sehen ist. Doch auch bei abgewandter Kamera wird die Gewaltanwendung oder der Tötungsvorgang noch in einer Weise präsentiert, die als in hohem Maße jugendgefährdend anzusehen ist. Zudem werden während ?Special Interrogation? manchmal als Stilmittel ?Flashbacks? eingesetzt, um die Vorgehensweise der Hauptfigur zu rechtfertigen. Dabei werden Szenen aus Frank Castles Leben eingeblendet wie z.B. die Beerdigung seiner Familie oder ein Friedhof.
Für ein erfolgreiches Verhör winken 500 Punkte. Wird das Verhör erfolgreich abgeschlossen und stirbt der Gegner danach im Verhör, weil ihm beispielsweise die Piranhas bei lebendigem Leibe das Fleisch vom Kopf gefressen haben, werden dem Spieler 250 Punkte abgezogen. Andere Nachteile entstehen ihm dadurch nicht. Insgesamt bleibt dem Spieler ein Gewinn von 250 Punkten. Stirbt die gegnerische Figur sofort, ohne ihre Informationen preisgegeben zu haben, werden dem Spieler 20 Punkte abgezogen. Die erhaltenen Informationen sind in den meisten Fällen als nicht hilfreich zu bezeichnen. In manchen Fällen führen sie zu Waffen oder Munition, die bei getöteten Gegnern jedoch ausreichend zu finden sind. Informationen, die zum Weiterkommen im Spiel notwendig sind, erhält man ohnehin. So kann man beispielsweise im Level ?Gnucci Estate? einen Gegner verhören. Bei einem erfolgreich durchgeführten Verhör erklärt er, wo man einen Geheimgang findet. Wird der Gegner getötet, bevor er den Weg zum Geheimgang erklären kann, erhält man die Information trotzdem, und zwar von einem Gefangenen, dem man kurze Zeit später begegnet. Auch im Level ?Takagi Tower? erhält man die Information, wie man den Aufzug in Gang setzt, entweder von einem Gegner, oder, wenn man diesen getötet hat, ohne dass er einen Hinweis geben konnte, von einer Frau wenige Räume weiter. Alles in allem ergeben sich keine besonderen Gründe, den Gegner nicht im Verhör zu töten. So wird beispielsweise der Multiplikator, der sich auflädt, wenn das Töten von Gegnern ohne eigene Verletzung gelingt, von einer versehentlich oder absichtlich missglückten ?Special Interrogation? nicht beeinflusst. Allein die Neugierde, wie der Tod bei einer ?Special Interrogation? dargestellt ist, verleitet dazu, den Gegner trotz erfolgreichem Verhör zu töten. Nach einem erfolgreichen Verhör kann der Gegner aber auch als Schutzschild verwendet, losgelassen oder durch einen ?Quick Kill? getötet werden.
Im Spiel sind keine der ansonsten genretypischen Verbandspäcken zu finden, mit denen der Spieler üblicherweise die verlorene Lebensenergie wiederherstellen kann. Als besonders bizarr ist der Umstand zu beurteilen, dass der Spieler für ein erfolgreich durchgeführtes Verhör um etwa 40% seiner gesamten Lebensenergie geheilt wird. Rettet er eine Geisel, erlangt der Punisher circa 50% verlorener Lebensenergie zurück.
Für jeden Level sind drei Medaillen ausgelobt. Je nach Länge des Spielabschnittes benötigt man eine bestimmte Anzahl an Punkten, um eine Bronze-, Silber- oder Goldmedaille zu gewinnen. Die nötigen Punkte sind dabei so gestaffelt, dass ein Erreichen einer Medaille nur durch das Ausführen einer Mischung von ?Quick Kills?, ?Special Kills? und normalen Tötungen zu bewerkstelligen ist. Durch das Erreichen der Punktevorgabe für eine Medaille werden bestimmte Extras in Form von Konzeptzeichnungen oder Videoclips freigeschaltet. Das Erreichen von Medaillen wird während des Ladevorgangs eines Spielstandes eingeblendet: ?Score high to gain medals.?. Ebenso wird bei gleicher Gelegenheit angezeigt, wie möglichst viele Punkte gesammelt werden können, indem nämlich wie erläutert eine Mischung der verschiedenen Tötungsarten angewandt wird. Die Darstellung von Gewalt und die damit verbundene Missachtung menschlichen Lebens finden in den Spielmodi ?Challenge Mode? und ?Punishment Mode? ihren Höhepunkt. Die genannten Modi finden sich nicht in allen Leveln. Der ?Challenge Mode? lässt sich durch das einmalige Spielen des jeweiligen Levels aktivieren und kann in 15 der 16 im Spiel enthaltenen Level aktiviert werden. Der ?Punishment Mode? kann beispielsweise durch das Erreichen einer Silbermedaille freigeschaltet werden und steht in insgesamt 9 der 16 Level des Spieles zur Verfügung. Im ?Challenge Mode? liegt die Aufgabenstellung für den Spieler darin, unter Zeitdruck bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. So müssen zum erfolgreichen Abschluss dieses Modus beispielsweise in 90 Sekunden sechs verschiedene Gegner mit sechs verschiedenen Gegenständen durch ?Quick Kills? getötet werden. Andere Aufgabestellungen bestehen darin, einen Level mit 100%iger Treffergenauigkeit oder ohne getroffen zu werden abzuschließen. Auch die Aufgabe, einen Endgegner nur mit Kopfschüssen zu töten, wird vergeben. Im ?Punishment Mode? hingegen hat der Spieler die alleinige Aufgabe, möglichst viele Punkte zu sammeln. Je nach Level gibt es zur Erfüllung der Vorgabe ein individuelles Punktelimit, welches erreicht werden muss, damit Extras freigeschaltet werden. Der im Spiel relativ geringe Schwierigkeitsgrad setzt sich in den beiden vorgenannten Modi nicht fort ? sie sind durchaus als anspruchsvoll bis schwierig zu bezeichnen.
Zum Ende eines jeden Levels wird eine Statistik eingeblendet, die unter anderem die Treffergenauigkeit (?Accuracy?) sowie die Anzahl der getöteten Gegner angibt. Werte von über 100 oder gar 150 getöteten Gegnern bei einer Spieldauer von etwa 20 bis 30 Minuten pro Spielabschnitt veranschaulichen den Umfang der dargestellten Gewalt. Die durchschnittliche Spieldauer beläuft sich auf ungefähr 10 bis 12 Stunden.
Als äußerst problematisch ist die Gewaltdarstellung auch im Hinblick auf die Möglichkeit, Gewalt an reellen und alltäglichen Orten wie einem Museum, einem Hafen oder in verschiedenen Häusern, also in Alltagssituationen auszuüben und damit einen digitalen Amoklauf zu spielen oder sich gar Anreize für einen realen Amoklauf zu holen.
Der Realitätsbezug wird durch die Möglichkeit, alltägliche Gegenstände wie Glasflaschen, Schraubenschlüssel oder Baseballschläger als Mordinstrumente zu verwenden, verstärkt. Zugleich wird damit die Möglichkeit aufgezeigt, einen Amoklauf auch ohne die Verwendung von Waffen wie Pistolen oder Gewehren durchführen zu können.
Als schwerwiegend im Hinblick auf die Entwicklung von Jugendlichen ist auch die Tatsache zu beurteilen, dass die Spielfigur weitaus mächtiger ist als die gegen sie antretenden Gegner. So kann die Spielfigur gleichzeitig zahlreichen Gegnern gegenüber treten und wird dabei nicht getötet, sondern höchstens verletzt. Diese Vorgehensweise kann zu einer Selbstüberschätzung des Spielers, auch im realen Leben, führen, da die Wirkung von Waffen verharmlost wird.
Die Interaktivität der Spielfigur mit der Spielwelt ist stark eingeschränkt. Sie erreicht ihren Höhepunkt in der Aktivierung eines Gabelstaplers bzw. eines Müllcontainers, hinter denen die Spielfigur dann Deckung findet. Davon abgesehen müssen nur selten Schalter oder Geheimtüren aktiviert werden. Der bis auf eine Ausnahme - der Spieler kann Dachfenster zerschießen und so anstatt durch die Eingangstür das Gebäude betreten - lineare Spielablauf wird entscheidend durch das Leveldesign mitbestimmt. So sind viele Türen nicht aktivierbar, sie dienen einfach nur als Kulisse und können nicht verwendet werden. Gespräche mit Gegnern sind nicht möglich, lediglich ein Teil der Zivilisten lässt sich ansprechen. Dabei laufen vorgefertigte Gespräche ab, die sich nicht direkt, wie z.B. durch die Auswahl von Antworten, steuern lassen. In zwei Abschnitten erhält die Spielfigur Unterstützung von jeweils einem Nichtspieler-Charakter. Zum einen von der ?black widow? und zum anderen von ?Fury?. Auch hier ist lediglich eine vorgefertigte Konversation möglich. Absprachen bezüglich eines dynamischen Vorgehens können nicht getroffen werden. Die Interaktionen der Spielfigur mit der Spielwelt beschränken sich vor allem auf Waffen und Munition, die eingesammelt und genutzt werden können. Eine andere Möglichkeit der Konfliktlösung als die beschriebene, gewalttätige ist weder geplant noch möglich. Ein Umgehen von Gegnern ist nicht möglich, man kann allenfalls an Gegnern vorbei oder vor ihnen davon laufen. Das ist jedoch im Hinblick auf die Gefährdung des ?Unverwundeten-Status? der Spielfigur nicht empfehlenswert. Nicht getötete Gegner beschießen die Spielfigur weiterhin. Wird die Spielfigur getroffen, wird, wie bereits erwähnt, der Multiplikator für die Punkte zurückgesetzt. Das erschwert oder verhindert sogar das Erreichen von hohen Punktzahlen, damit auch den Erhalt von Medaillen und somit letztendlich das Freischalten des ?Punishment Mode?. Dieser kann aufgrund seines recht hohen Schwierigkeitsgrades als die einzige Form von Langzeitmotivation im doch relativ leichten Spiel angesehen werden. Ein Vorbeilaufen an Gegnern ist auch nicht sinnvoll um Munition zu sparen, da davon im gesamten Spiel reichlich zu finden ist.
Die visuelle und akustische Darstellung von Gewalt erreicht ein extrem hohes Ausmaß an Brutalität.
Die Visualisierung der Gewalt kommt neben der realistischen Grafik mit den gezeigten ?Quick Kills?, ?Interrogations?, ?Special Kills? und ?Special Interrogations? auch durch die Verwendung eines sog. ?rag-doll?-Systems zum Ausdruck. Dieses System setzt physikalische Einflüsse wie Schwerkraft korrekt auf die Figuren im Spiel um. Beim erfolgreichen Beschuss von Gegnern treten Eintrittswunden von Projektilen, starke Blutfontänen sowie große Blutlachen auf. Schießt man auf den Kopf des Gegners, zerplatzt dieser bei manchen Gegnern. Auch können Gegnern durch gezielten Beschuss Gliedmaßen abgetrennt werden. In einer Szene rennt ein Gegner mit abgeschossenem Arm und blutend auf seine Kollegen zu und ruft ?Please kill me!?. Tote Gegner können weiter malträtiert werden. Durch Beschuss entstehen den Toten weitere Wunden, Blutwolken sind sichtbar. Beim Tod mancher Gegner wird die Sterbesequenz darüber hinaus in Zeitlupe dargestellt. Die Auswahl, zum Ende welchen Kampfes ein Slow-Motion-Effekt eingeblendet wird, scheint zufällig. Der schwarz-weiße Abblendeffekt bei der Durchführung der ?Special Interrogations? erlaubt keinesfalls eine Distanzierung von den Geschehnissen, sondern verleitet den Spieler vielmehr dazu sich vorzustellen, was gerade nicht gezeigt wird. Genau das involviert den Spieler jedoch viel stärker als eine komplett gezeigte Tötungsszene, da er die Darstellung nicht einfach ablaufen lassen kann sondern diese selber gedanklich vervollständigen muss, was automatisch geschieht.
Die vom Spieler aktiv gespielte, also von ihm selbst gesteuerte Gewalt, wird durch gescriptete Sequenzen in der Spielgrafik erweitert. So exekutiert beispielsweise gleich im ersten Spielabschnitt ein Gegner eine Geisel mit einem Kopfschuss, woraufhin der Kopf aufplatzt und Blut sowie umher fliegende Stücke vom Kopf und Gehirn des Opfers zu sehen sind.
Die sowohl vom Ausmaß als auch von der Darstellung her immense Gewalt tritt nicht nur im Spiel selber, sondern auch in den Zwischensequenzen, die als Videos dargestellt sind, zu Tage. So wird der Endgegner ?Eddie Gnucci? durch ein Fenster geworfen, um daraufhin von einem Zaun durchbohrt zu werden. Dem Endgegner ?Bushwacker? wird vom Punisher ein Arm ausgerissen, eine pulsierende Blutfontäne tritt aus dem Armstupf aus.
Die Hintergrundgeschichte basiert auf Selbstjustiz. Frank Castle, der Punisher, zieht auf eigene Faust los, um den Tod seiner Familie zu rächen. Die Hintergrundgeschichte wird dabei in vielen Zwischensequenzen erzählt. Dabei werden als stilistisches Mittel Rückblenden eingesetzt. Es wird durchaus Spannung erzeugt und zudem treten auch unerwartete Wendungen auf. So ist zum Beispiel ?Detective Soap?, der den Punisher verhört, mit diesem verbündet, was aber erst spät im Spiel klar wird. Die Hintergrundgeschichte dient keinesfalls der Distanzierung vom gewalttätigen Spielgeschehen, sondern führt vielmehr zu eben diesem bzw. rechtfertigt und begründet scheinbar die Anwendung von Gewalt.
Ein hohes Maß an schwarzem bis sarkastischem Humor, ist dem verfahrensgegenständlichen Spiel nicht abzusprechen. Nachdem Jack mehrere Gegner getötet hat, klagt er: ?So viel Blut, das bekomme ich nie wieder von den Fußbodendielen.? (?All this blood, I?ll never get it out from the floor boards.?). Auch in Zwischensequenzen kommt Humor zum Einsatz. Nachdem der Punisher beispielsweise ein komplettes Hochhaus zerstört hat, fragen die Wachleute den Besitzer des Gebäudes, ob sie die Polizei anrufen sollen. Ein Besucher, Frank Castles Nachbar, habe vermutlich einen Locher gestohlen. Auch Verweise auf das Computerspiel ?Half-Life? oder die Figur ?Daredevil?, die wie die Figur des Punishers im Marvel Comic-Verlag erschienen ist, tauchen auf.
Durch den linearen Aufbau der einzelnen Level und die klar vorgegebene Vorgehensweise entsteht zudem keine intellektuelle Herausforderung in Form von Rätseln oder alternativen Lösungswegen. Die einzelnen Missionen unterscheiden sich nur in der Art der Gegner, sprich ob nun Italiener, Russen oder Japaner als Opponenten dienen. In manchen Missionen rettet die Spielfigur Geiseln oder will New York vor einem Angriff mit einer Atombombe schützen. Dies impliziert ein gerechtes Vorgehen von Frank Castle, steht jedoch erstens in keinem Verhältnis zur dargestellten Gewalt und ist zweitens lediglich der aufgrund von Selbstjustiz motivierte Amoklauf des Punishers.
Sobald der Spieler auf einen Zivilisten oder eine Geisel zielt, verändert sich die Form eines Fadenkreuzes in ein Stoppschild. Man kann nicht ohne weiteres auf Geiseln oder Zivilisten schießen. Tötet man trotzdem eine Geisel, ist das Spiel beendet. Anzumerken ist jedoch noch, dass Geiseln viel widerstandsfähiger sind als der durchschnittliche Gegner und mehr Treffer aushalten, bevor sie sterben. Dieser auf den ersten Blick positive Eindruck verleitet den Spieler jedoch vielmehr zu einem reflexartigen Schießen auf alle sich bewegenden Personen, da das Spiel ein Schießen auf Zivilisten ja verhindert. So muss nicht überlegt werden, ob man nun auf einen ?Guten? oder einen ?Bösen? zielt, da das Spiel für den Spieler selektiert.
Auf dem Weg zur Erfüllung des Auftrages rückt das Leid jedes einzelnen Gegners in den Hintergrund. Sie sind auf der Jagd nach Punkten für den Punisher lediglich Mittel zum Zweck.
Zusammenfassend hält das Dreiergremium der Bundesprüfstelle ebenso wie der Antragssteller die auf hohem grafischem Niveau dargestellte Brutalität in Form von kugelzerfetzten Körpern, zerteilten Leibern oder abgeschossenen Köpfen für in hohem Maße jugendgefährdend.
Dass solche Inhalte auf Kinder und Jugendliche verrohend wirken können, belegen folgende Ergebnisse der Wirkungsforschung:
?Nach dem jetzigen Stand der Auswertungen können noch keine endgültigen Schlussfolgerungen gezogen werden und die Frage nach den Wirkungen ist noch nicht eindeutig zu beantworten. Doch zeichnen sich bei den bisher vorliegenden Ergebnissen einige Trends ab, die Aufmerksamkeit verdienen und die bereits wichtige Hinweise auf potentielle Wirkmechanismen geben können.
Die bisher vorliegenden Befunde belegen gleichzeitig sowohl unmittelbare als auch langfristig wirksam werdende Effekte des Spielens mit aggressionshaltigen Videospielen. Als wichtigster unmittelbarer Effekt konnte in zwei voneinander unabhängigen Maßen eine Einschränkung der empathischen Reaktionen auf die Darstellungen von Leid und Not bei Tieren und Menschen nachgewiesen werden. Kinder, die zuvor mit dem Street-Fighter-Spiel gespielt hatten, zeigten beim Anschauen der emotional belastenden Bilder weniger Anzeichen von Mitgefühl und betrachteten diese Bilder länger als die Kinder, die zuvor mit dem Joshi-Spiel konfrontiert waren.
Langfristig kann diese Herabsetzung der empathischen Reagibilität zu einer emotionalen Abstumpfung führen, die einen wesentlichen Hemmmechanismus für das Aggressionsmotiv schwächt. Aus den dargestellten Befunden ist eine solche langfristige Wirkung des Umgangs mit aggressionshaltigen Videospielen ableitbar.
Es scheint, als würde durch das Spielen mit aggressiven Videospielen die dispositionelle Sensitivität gegenüber emotionalen Zuständen anderer herabgesetzt. Die Kinder, deren Mitgefühl für andere gering ausgeprägt ist, haben nach eigenen Angaben bereits viel Erfahrung mit Videospielen, insbesondere mit solchen Spielen, deren Spielinhalt von aggressionsspezifischer Thematik ist. Gleichzeitig ist bei diesen Kindern der sprachliche Umgang mit Begriffen körperlicher Auseinandersetzung erleichtert. In ihren Phantasiegeschichten berichten sie häufiger als andere Kinder über Streit in Form physischer Aggression, und zwar unabhängig von der Art des unmittelbar zuvor gespielten Spiels.
Allerdings gibt es auch eine Teilgruppe von Kindern, die ein hohes Aggressionsniveau aufweist und viel Erfahrung mit aggressiven Videospielen hat, die trotzdem empathisch auf die emotional belastenden Bilder reagieren. Diese empathische Reaktion ist allerdings nur zu beobachten, wenn sie zuvor mit dem Joshi-Spiel gespielt haben.
Was die emotionale Reagibilität dieser Kinder gegen den langfristigen Einfluss häufigen Spielens mit aggressionshaltigen Videospielen immunisiert, ist anhand der Daten unserer Untersuchung bisher nicht auszumachen. Hier ist weitere Forschung nötig, die die Einflüsse der familiären und schulischen Umwelt und der Beziehung zu Gleichaltrigen mitberücksichtigt.?
(vgl. Rita Steckel und Clemens Trudewind ?Aggression in Videospielen: Gibt es Auswirkungen auf die Spieler?? in: Handbuch Medien: Computerspiele Theorie, Forschung, Praxis, herausgegeben von Jürgen Fritz und Wolfgang Fehr, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn)
Unabhängig von den bisherigen Ergebnissen zur Wirkungsforschung, die, wie es einmal Professor Groebel in einem Aufsatz zusammen gefasst hat, im Prinzip belegen, dass es mehr Hinweise dahingehend gibt, dass mediale Gewaltdarstellungen eher schädlich denn nützlich sind, sind auch die Gremien der Bundesprüfstelle der Auffassung, dass nicht generell jede Art von Gewaltdarstellung als verrohend einzustufen ist. Es muss an dieser Stelle noch einmal betont werden, wenngleich dieses auch in der Wirkungsforschung hinreichend bekannt ist, dass nicht die Medien allein verantwortlich sind für eine bestimmte Aggressionsbereitschaft unter Jugendlichen. Hinzukommen muss eine Vielzahl weiterer Faktoren, deren Aufzählung hier im Einzelnen ausgespart werden soll.
Ebenso sind die Gremien der Bundesprüfstelle nicht der Auffassung, wie unter Umständen gemeinhin vertreten werden könnte, dass Computerspiele ohnehin ?süchtig? machen oder ähnliches. Dies ist ohnehin kein Tatbestand, der unter das Jugendschutzgesetz zu subsumieren ist.
Vielfach wird in diesem Zusammenhang Herr Professor Fritz zitiert, der in einer Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass bestimmte Computerspiele durchaus auch positive Wirkungen haben können, was von den Gremien der Bundesprüfstelle nicht negiert wird. Ein Auszug dieser Ergebnisse wird im Einzelnen wie folgt dargestellt:
?Durch Aufforderungsreize und Spielhandlung rückt immer stärker ein wesentlicher Faktor der Computerspiele ins Blickfeld: Leistung, Erfolg und Spielkontrolle. Die sekundären Spielhandlungen dienen genau diesem Ziel. Verwoben mit den Motivstrukturen des Spielers entwickelt sich daraus der primäre Spielreiz: Erfolg zu haben, zu siegen, das Gefühl der Kompetenz zu genießen. Dies ist unmittelbar an die Kontrolle des Spiels gebunden. Das Spiel entwickelt seine Spannung und Dynamik aus der (offenen) Frage ob es mir gelingt, durch meine Spielhandlung das Spiel unter meine Kontrolle zu bringen. Neben dem primären Spielreiz gibt es bei zahlreichen Spielern auch sozial-emotionale Spielreize: Geselligkeit; mit anderen Spaß haben und lachen können; Gefühle spüren und sie in der Gemeinschaft zeigen dürfen. Diese Spielreize ordnen sich zum einen den primären Spielreizen unter (auch die Spielgemeinschaft wünscht sich Spielerfolg), zum anderen können sie die Einseitigkeit des primären Spielreizes ein wenig relativieren (z.B. durch die Situationskomik beim Spielen).
Kann der Spieler trotz Bemühen die mit dem primären Spielreiz verbundenen Ziele nicht erreichen, gelingt es ihm also nicht, das Spiel zu kontrollieren, kommt es zu negativ-emotionalen Spielfolgen: Versagensgefühle, Frustration, Wut, Distress, aggressive Impulse. Dies kann zum Spielabbruch führen oder zur Bereitschaft, die sekundären Spielhandlungen zu intensivieren. Größeres Maß an Konzentration und Anstrengung, Entwicklung der Fähigkeit, Stress zu ertragen und Zunahme der Misserfolgsresistenz könnten mögliche Folgen sein. Kommt der Spieler mit dem Spiel klar, gelingt es ihm, Kontrolle über das Spiel auszuüben und ausreichend Spielerfolge zu erlangen, ist mit positiv-emotionalen Spielfolgen zu rechnen: Erfolgsgefühle, Spaß, Erlebnis der Kompetenz. Zu den Folgen gehört auch, dass der Spielreiz steigt und das Spiel fortgesetzt wird ? es sei denn, dass vom Spiel keine Herausforderung mehr ausgeht. Die Steigerung des Spielreizes verbindet sich in der Regel mit einer Intensivierung der sekundären Spielhandlungen: Die Spieler verschmelzen mit dem Spiel, sie gehen auf in die Spieltätigkeit (`Flow`), haben Schwierigkeiten aufzuhören und `vergessen` die Zeit. Die Sogwirkung des Computerspiels kann durch zwei Teil-Funktionskreise entstehen: durch die `Frustrations-Spirale` und die `Flow-Spirale`. Bei der `Frustrations-Spirale` führen negativ-emotionale Spielfolgen dazu, dass die (nicht erlangten) Spielreize immer begehrlicher werden und den Spieler `zwingen`, immer mehr Zeit und Konzentrationskraft in das Spiel zu ´investieren`. Die `Flow-Spirale` schöpft aus den positiv-emotionalen Spielfolgen die Erwartung, dass diese `Lust` sich immer wieder herstellen lässt. Von daher bleibt der Spieler in der für ihn befriedigenden Spielaktivität. Er steigert die Intensität der sekundären Spielhandlungen durch noch größere Konzentration, um auch schwierige Levels des Spiels `in den Griff` zu kriegen und im Flow zu bleiben. Im konkreten Spielgeschehen verbinden sich beide Teil-Funktionskreise miteinander und bilden dadurch die entscheidende `Energiequelle` für die Spielmotivation. Mal befindet sich der Spieler in der `Frustrations-Spirale`, mal in der `Flow-Spirale`. Das Überwinden der `Frustrations-Spirale` führt unmittelbar in die `Flow-Spirale`, und die `Flow-Spirale` birgt das unmittelbare Risiko in sich, in die `Frustrations-Spirale` zu geraten, wenn es nicht mehr gelingt, die Spielforderungen zu erfüllen (durch Nachlassen der Konzentrationskraft oder durch einen schwierigen Level). Dieser `Zwei-Wege-Generator` liefert die motivationale `Energie` für das Computerspielen. Er ist es, der die `Erwartung `der Spieler und das `Entgegenkommen` des Spiels in spielerische Aktivität verwandelt. Die emotionale Wirkung der Computerspiele erwächst aus ihrer Fähigkeit, auf diese Weise Lebenszeit und Lebensenergie von Menschen zu binden.?
(vgl. Jürgen Fritz, Langeweile, Stress und Flow, Gefühle beim Computerspiel in: Handbuch Medien Computerspiele, a.a.O.)
Diese Ergebnisse lassen jedoch umgekehrt nicht den Schluss zu, dass jeder Inhalt eines Computerspiels, unabhängig davon, ob das Computerspiel einen gewissen Flow ermöglicht oder nicht, von vornherein keine jugendgefährdenden Wirkungen ausüben kann. Bestimmte Inhalte werden nach wie vor als möglicherweise jugendgefährdend eingestuft. Wörtlich wird dazu ausgeführt:
?Wo also liegt das Problem des Jugendmedienschutzes, der Gefährdungseinschätzung und Indizierung von Computerspielen? Und wie könnte man es lösen? Die Wirkungsforschung kann zur Legitimierung der staatlichen Eingriffe wenig beitragen: zu inkonsistent und relativierend präsentieren sich ihre Ergebnisse. Jugendliche nutzen die virtuellen Welten in ihrem Sinne, und sie können sehr wohl zwischen der virtuellen und der realen Welt unterscheiden. Vielleicht wenden sie sich der virtuellen Welt gerade deshalb zu, weil sie wissen, wie schmerzhaft die reale Welt in ihrer verdeckten Gewaltorientierung sein kann. Jugendliche haben ihre eigenen Bewertungsmuster für reale und für virtuelle Gewalt, die ihrer Lebenssituation angemessen sind und die viel deutlicher als bei älteren Erwachsenen zwischen beiden Welten trennen. Während sie im Hinblick auf die reale Welt den moralischen Normen im Grundsatz nicht widersprechen, beharren sie darauf, dass sie sich im Computerspiel in einem `wertfreien Raum` befinden, der anderen Prinzipien als denen der realen Welt folgt. Insofern sehen sie diese Welt `realistischer` als viele Erwachsene. In der Tat: Die virtuelle Welt ist eine eigene Welt.
Wenn dem so ist, und die Entwicklungslinien dieser virtuellen Welten machen es nach jedem ´Innovationssprung` deutlicher denn je, dann müssen die Menschen, die diese Welten schaffen, auch die Normen festlegen, die in diesen Welten Gültigkeit haben sollen. In dieser Festlegung unterliegen die `Spielemacher` dem demokratischen Grundkonsens ebenso wie Jugendschützer. Diese urteilen `nach moralischen Kriterien`, und das muss so sein. Wichtig ist allerdings, dass nicht persönliche Grundhaltungen zum Maß der Beurteilung werden, sondern dass man sich auf die Grundwerte bezieht, die das Grundgesetz als Grundkonsens vorgibt. Empathie als die grundlegende emotionale Fähigkeit für moralische Entscheidungen kann ein `Grenzpfeiler` sein für das Maß an Gewalt, das Kindern und Jugendlichen in der virtuellen Welt zugemutet werden darf. Wie könnte das im Hinblick auf eine Indizierung möglicherweise aussehen?
Brutale, ungehemmte, menschenverachtende und -vernichtende Gewalt als einzig mögliche Spielhandlung überschreitet eindeutig die Grenze dessen, was Kindern und Jugendlichen zugemutet werden darf - unabhängig davon, ob eine solche Gewaltdarstellung schädigende Wirkungen hat oder sozialethisch desorientierend wirken kann. Dies gilt insbesondere, wenn die Gewalthandlungen des Spielers aus der Perspektive der `subjektiven` Kamera erfolgen und Waffengebrauch jeglicher Art einschließen. Eine solche virtuelle Welt stünde in einem eklatanten Widerspruch zum menschlichen Gebot der Empathie.
Eine Befrachtung der Spieloberfläche mit rassendiskriminierender oder frauenverachtender Ideologie, unabhängig davon wie sie im Einzelfall gemeint ist oder wirkt, verschärft die Eigenart der Computerspiele, die empathischen Gefühlen der Spieler zu vermindern, so erheblich, dass ein unüberbrückbarer Widerspruch zu wichtigen moralischen Werten unserer Gesellschaft entsteht.
Schwieriger wird die Entscheidung bei Spielen, die sich der Thematik `Krieg` zuwenden. Virtuelle Kriege zu führen, hat ´naturgemäß` wenig mit Empathie zu tun. Der Blick vom `Feldherrenhügel`, auf die `strategische Karte` oder aus dem Cockpit eines Kampfflugzeuges erfasst nicht das menschliche Leid, das in der realen Welt mit Krieg verbunden ist. Wird durch die eingegrenzte Perspektive der virtuelle Krieg bereits `verharmlost` oder `verherrlicht`? Werden virtuelle Kriege problematischer, je näher sie an reale Ereignisse der jüngsten Vergangenheit rücken und daher als Simulation einer historischen Gegebenheit erscheinen können? Um ein `Nein` zu `Kriegsspielen` moralisch zu rechtfertigen, müssen die `Kriegshandlungen` auf der Spieloberfläche in einer speziellen Weise ideologisch oder emotional befrachtet werden, so dass sich ein nicht zu übersehender Widerspruch zu empathischen Einstellungen auftut. Beispielsweise müsste der virtuelle Krieg, der sich durch entsprechende Spielhandlungen auch realisiert, als ein witziges Unternehmen erscheinen, bei dem man sich prächtig unterhalten kann.
Das Problem ist nicht, dass Gewalt in der virtuellen Welt `verharmlost` oder `verherrlicht` werden könnte, sondern als das angemessene und notwendige Mittel erscheint, Macht und Kontrolle über das Spiel zu erlangen. Dabei treten Erscheinungsformen der Gewalt auf, die ästhetisch akzeptiert sind und die es nahe legen, sich von empathischen Gefühlen zu dispensieren. Dies liegt jedoch in der Struktur der Computerspiele begründet, die allesamt auf Macht, Kontrolle und Herrschaft ausgelegt sind und deren Ziel (in der realen Welt) es ist, ´umsatzstark` verkauft zu werden, d.h. ein möglichst breites Publikum zu finden.
Gleichwohl sollten Normen formuliert und durchgesetzt werden, die im Umgang mit virtuellen Welten deutliche Grenzen markieren. Spieloberflächen, die in eklatantem Widerspruch stehen zu empathischen Verhalten, setzen Sozialisationsimpulse, die unter moralischen Gesichtspunkten nicht zu billigen sind. Die Notwendigkeit, deutlicher als bisher die Normen- und Wertefrage bei virtuellen Welten zu stellen, erwächst auch aus der ungebremsten Weiterentwicklung dieser Welten und ihrer zunehmenden Nutzung durch Kinder, Jugendliche und Erwachsene.?
(vgl. Jürgen Fritz, Wolfgang Fehr: ?Aggression, Gewalt und Krieg in Computerspielen? in: Handbuch Medien: Computerspiele, a.a.O).
Nicht indiziert werden dürfen Medien gem. § 18 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG, wenn sie der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dienen. Der Bundesprüfstelle ist es aufgegeben, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit ein Antragsobjekt der Kunst dient und nachfolgend die Abwägung zwischen Jugendschutz und Kunstfreiheit vorzunehmen. Entscheidend für die künstlerische Wertigkeit eines Objekts sind nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts die selbständige künstlerische Gestaltung der jugendgefährdenden Passagen und ihre Einbindung in die Konzeption des Gesamtwerkes, die Eindimensionalität bzw. Vielstufigkeit übermittelter Botschaften, und das Ansehen, das ein Werk bei Fachöffentlichkeit und Publikum genießt.
Die US-Version von ?The Punisher? kann grafisch als gelungen bezeichnet werden. Die Grafik von Umgebung und Personen ist als gut zu bezeichnen. Vor allem die Animationen des Punishers sowie ?Quick Kills?, ?Special Kills? und ?Special Interrogations? sind gut animiert. Zudem sind auch die Umgebungen sehr detailliert und auch zum Teil interaktiv gehalten, so dass beispielsweise durch Beschuss Glasscheiben zerspringen. Zu erwähnen ist auch das sehr gut gestaltete Hauptmenü, wo man sich in der ?Armory? die vom Punisher verwendeten Waffen ansehen kann oder den Verlauf der Hintergrundgeschichte anhand von Zeitungsartikeln verfolgen kann. Auch die akustische Untermalung, die sich aus Musik sowie Umgebungs-, Waffen- und Gegnergeräuschen zusammensetzt, ist als gelungen zu bezeichnen. Vor allem die Ausrufe der Gegner lassen eine lebendige Atmosphäre aufkommen. Die Steuerung erfolgt genretypisch über Tastatur und Maus. Die künstliche Intelligenz der Figuren im Spiel ist als eher schlecht zu beurteilen. So gehen dem Punisher feindlich gesonnene Figuren oft in Deckung, agieren dann aber nicht clever, sondern kommen in gleich bleibendem Rhythmus aus ihrer Deckung hervor, wodurch sie dann ein leichtes Ziel abgeben. Absprachen oder taktisches Vorgehen seitens der Gegner sind nicht zu beobachten. Das Spiel wird durch das Auftauchen der immer gleichen Gegner an unterschiedlichen Schauplätzen schnell langweilig. Zudem trüben Logikfehler den Spielspass. So verwendet die Spielfigur bei einem ?Special Kill?, bei dem der Gegner samt Handgranate in einen Sarg geworfen wird, eine Handgranate, obwohl sie nicht über eine solche verfügt. Durch die im Vergleich zu anderen Actiontiteln relativ moderaten Hardwareanforderungen wird eine breitere Käuferschicht angesprochen.
Insgesamt sind keine Aspekte zu erkennen, welche die US-Version von ?The Punisher? zu einem Kunstwerk von nennenswertem Rang erheben könnten. Aufgrund der überaus drastischen Gewaltdarstellungen ist jedoch nach Auffassung des Dreier-Gremiums den Belangen des Jugendschutzes Vorrang vor der Kunstfreiheit zu gewähren.
Nach alledem ist das Dreier-Gremium der Bundesprüfstelle der Auffassung, dass aufgrund des stark verrohenden und damit jugendgefährdenden Inhalts dieses PC-Spiels eine Indizierung zu erfolgen hatte.
Ein Fall von geringer Bedeutung gemäß § 18 Abs. 4 JuSchG liegt nicht vor. Die Richtung der Entscheidung nach dieser Vorschrift ist stets in der Weise vorgezeichnet, dass die Listenaufnahme eines jugendgefährdenden Mediums dem Gesetz näher steht als das Absehen von der Aufnahme: Der Sinn der Ermessensermächtigung des § 18 Abs. 4 JuSchG besteht darin, der Bundesprüfstelle zu ermöglichen, von einer nach der grundsätzlichen Zielsetzung des Gesetzes an sich gebotenen Listenaufnahme abzusehen, wenn ihr dies aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall - ausnahmsweise - angemessen erscheint (OVG NRW, Urteil vom 23.05.1996, Az. 20 A 298/94). Hinweise auf derartige Umstände lagen dem Gremium nicht vor. Aufgrund der zum kostenlosen Download angebotenen Demoversion, die alleine bei den Downloadseiten www.xxxxx.com und www.xxxxxx.com seit dem Erscheinen insgesamt mehr als 83.000 Mal heruntergeladen wurde und durch die Berichterstattung auf zahlreichen Internetseiten erlangte das Spiel einen hohen Bekanntheitsgrad. Dies wird auch aus zahlreichen Beiträgen in diversen Internet-Foren deutlich, die sich mit dem Spiel befassen. Zudem schätzt das Gremium der Bundesprüfstelle aufgrund der oben geschilderten Gewaltdarstellungen den Grad der vom Spiel ausgehenden Jugendgefährdung mitnichten als nur gering ein.
Ein hoher Bekanntheitsgrad des Spieles ist zudem durch die bekannten Comics sowie den erfolgreichen Kinofilm ?The Punisher? gegeben, der momentan auf DVD und VHS vertrieben wird.
Die englische Sprache des verfahrensgegenständlichen Spieles stellt sich nicht als Argument gegen eine Akzeptanz beim Spieler dar. So ist zum Spielen eines genretypischen Spieles wie dem vorliegenden im Allgemeinen das Studium einer Anleitung nicht notwendig, da die Bedienung über die gleichen Tasten und Mausgesten erfolgt wie in vielen anderen Actionspielen. Der schnelle Einstieg in das Spiel wird in diesem Fall noch durch die Einblendung der zur Steuerung der Spielfigur in der aktuellen Situation im Spiel wichtigsten Tasten erleichtert. Durch die Anzeige der Tasten, durch die sich zum Beispiel die Spielfigur bewegen oder eine ?Special Interrogation? durchführen lässt, wird der Zugang zum Spiel nochmals erleichtert. Der Annahme, dass eine fehlende Lokalisierung zu einer verminderten Akzeptanz beim Kunden führen könnte, steht unter anderem auch die Tatsache entgegen, dass sich das rein englischsprachige Spiel ?Doom 3? im Jahre 2004 am zweithäufigsten unter allen PC-Spielen verkaufte. Die Sprache ist bei Actiontiteln, im Gegensatz zu Rollen- oder Strategiespielen, die ein Vielfaches des Textumfanges des verfahrensgegenständlichen Spieles enthalten, generell zweitrangig. Zwar wird im hier gegenständlichen Titel mehr Text verwendet als in vergleichbaren Spielen, jedoch ist die Sprache im Großen und Ganzen bis auf wenige umgangssprachliche Ausdrücke gut zu verstehen. Die Möglichkeit, für gesprochenen Text auch Untertitel einblenden zu lassen, erleichtert den Zugang zudem.
Das Dreier-Gremium geht über die Jugendgefährdung hinaus auch von einer Gewaltverherrlichung im Sinne des § 131 StGB aus. Darunter versteht die ausdrückliche Benennung in § 131 Abs. 1 StGB Darstellungen, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise schildern.
Eine Gewaltverharmlosung (§ 131 Abs. 1, 1. Alt. StGB) liegt vor, wenn Gewalttätigkeiten bagatellisiert und als akzeptables Mittel zur Lösung von Konflikten präsentiert werden oder wenn der Eindruck vermittelt wird, es handele sich im Kern um fast alltägliche Verhaltensformen im menschlichen Zusammenleben.
Die Tötungsszenen des Spiels zeigen massivste Gewaltanwendungen. Durch die ständige Aneinanderreihung dieser Sequenzen entsteht der Eindruck, als gäbe es kein anderes Konfliktlösungsmittel. Die Einzeltat wird bereits durch die Quantität der Darstellungen bagatellisiert und damit verharmlost.
Mit dem Tatbestandsmerkmal einer ?die Menschenwürde verletzenden Weise? der Darstellung in § 131 Abs. 1, 2. Alt. StGB wird erkennbar an den Gehalt des Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG angeknüpft. Das Bundesverfassungsgericht versteht ihn als tragendes Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Mit ihm ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. Menschenwürde in diesem Sinne ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Würde des Menschen als Gattungswesen. Jeder besitzt sie, ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seine Leistungen und seinen sozialen Status. Sie ist auch dem eigen, der aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht sinnhaft handeln kann. Selbst durch ?unwürdiges? Verhalten geht sie nicht verloren. Sie kann keinem Menschen genommen werden. Verletzbar ist aber der Achtungsanspruch, der sich aus ihr ergibt.
Eine die Menschenwürde verletzende Darstellung liegt nicht bereits dann vor, wenn rohe Gewalttaten in aufdringlicher Weise anreißerisch und ohne jegliche sozial sinnhafte Motivation um ihrer selbst willen gezeigt werden. Gewalttätigkeit in Angeboten verletzt für sich genommen die Menschenwürde nicht. Das ergibt sich schon daraus, dass die Darstellung in einer die Menschenwürde verletzenden Weise im Tatbestand als besonderes Merkmal genannt ist, das zusätzlich zur Schilderung der Gewalttätigkeit erfüllt sein muss. Deswegen kann auch weder die Häufung noch die aufdringliche und anreißerische Darstellung von Gewalttätigkeiten für sich allein den Tatbestand erfüllen.
Erfasst werden durch das Tatbestandsmerkmal der die Menschenwürde verletzenden Darstellungen zum einen solche Fälle, in denen durch die filmische Darstellung konkrete Personen in ihrer Würde verletzt werden. Aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang ergibt sich, dass das Tatbestandsmerkmal ferner auch Fälle erfassen soll, in denen die Schilderung des Grausamen und Unmenschlichen eines Vorgangs darauf angelegt ist, beim Betrachter eine Einstellung zu erzeugen oder zu verstärken, die den fundamentalen Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen zukommt. Das geschieht insbesondere dann, wenn grausame oder sonst wie unmenschliche Vorgänge gezeigt werden, um beim Betrachter ein sadistisches Vergnügen an dem Geschehen zu vermitteln, oder um Personen oder Menschen als menschenunwert erscheinen zu lassen (Jörg Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdnr. 347 ff.).
Das Dreiergremium sieht die Grenze zur Strafbarkeit in vielen Gewaltsequenzen als zum Teil deutlich überschritten an. Waren die in der Demo-Version, welche der Bundesprüfstelle ebenfalls vorlag (eingetragen in Teil A durch Entscheidung Nr. 6903 (V) vom 23.3.2005, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 60 vom 31.3.2005), gezeigten ?Special Kills? und Verhörszenarien noch verhaltener dargestellt und in ihrer Anzahl auf einige wenige begrenzt, so enthält die jetzt vorliegende Vollversion eine Masse detailliert gezeigter, extrem grausamer und lang auszuspielender Tötungssequenzen. Der Spieler der Vollversion kann einen Gegner in einem Bestattungsofen bei lebendigem Leib, untermalt von dessen qualvollen Schreien, verbrennen lassen, er kann ihn mit dem Gesicht in einen Ventilator oder Flugzeugpropeller drücken oder in eine Friteuse tauchen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Spielfiguren bei lebendigem Leib in einem Häcksler zu zerschreddern, auf einer Kreissäge zu zerstückeln oder auf einem elektrischen Stuhl zu exekutieren, so dass die gegnerische Spielfigur am Schluss sogar brennt. Dabei hat der Spieler nur geringe Konsequenzen, wie etwa einen äußerst moderaten Punkteabzug zu befürchten. Daher ist es ihm frei gestellt, Gewalt so lange und so intensiv auszuüben wie er möchte und es das Spiel ihm ermöglicht. Die im Spiel gezeigten Gewaltszenen lassen daher sowohl im Hinblick auf die zahlreichen verschiedenen Tötungsvarianten, deren Intensität als auch im Hinblick auf ihren Umfang ein exorbitantes Maß an menschenverachtender Geisteshaltung erkennen. Das verfahrensgegenständliche Spiel war daher gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 JuSchG in Teil B der Liste aufzunehmen.
Aus der Indizierungsentscheidung ergeben sich folgende Verbreitungs- und Werbebeschränkungen:
§ 15 Jugendgefährdende Trägermedien
Abs. 1 Trägermedien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24
Abs. 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen nicht
1. einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zu-
gänglich gemacht werden,
2. an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen einge-
sehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich ge-
macht werden,
3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Ver-
kaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in ge-
werblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder
überlassen werden,
4. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung
des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen
nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen
Person angeboten oder überlassen werden,
5. im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
6. öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ih-
nen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien
außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, ange-
kündigt oder angepriesen werden,
7. hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie
oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden
oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
Abs. 3 Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen auch, ohne dass es einer Aufnahme in
die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, Trägermedien, die mit einem Trägermedium, dessen Aufnahme in die Liste bekannt gemacht ist, ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind.
Abs. 5 Bei geschäftlicher Werbung darf nicht darauf hingewiesen werden, dass ein Verfahren
zur Aufnahme des Trägermediums oder eines inhaltsgleichen Telemediums in die Liste anhängig ist oder gewesen ist.
Abs. 6 Soweit die Lieferung erfolgen darf, haben Gewerbetreibende vor Abgabe an den Handel die Händler auf die Vertriebsbeschränkungen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 6 hinzuweisen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen die Entscheidung des 3er-Gremiums im vereinfachten Verfahren ist vor einer Klageerhebung zunächst eine Entscheidung des 12er-Gremiums der Bundesprüfstelle herbeizuführen.
Eine Anfechtungsklage gegen diese abschließende Entscheidung kann sodann innerhalb eines Monats ab Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht -, -, - erhoben werden. Die Klage ist gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesprüfstelle zu richten (§§ 25 Abs. 1, 2, 4 JuSchG; 42 VwGO). Sie hat keine aufschiebende Wirkung.
(Quelle: bpjm.com) |
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