Review zu Gears of War (2006)

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Eingetragen am 03.03.2009 02:31:58 von zombie-flesheater
Zuletzt geändert am 03.03.2009 02:52:04 von zombie-flesheater

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Gears of War (2006)

7/10
 
Insgesamt sehr solider, oberflaechlicher Ballerspass, verpackt in netter Optik.
Das Spielprinzip wird ueberraschenderweise nicht eintoenig, obwohl ich nach diversen Videos der Ansicht war, dass es irgendwann langweilig wird, bei jedem Kampf in Deckung zu gehen und die Gegner von dort auszuschalten. Die Kettensaege ist ein nettes Feature, wenngleich eigentlich aus dem Warhammer 40K Universum geklaut (insgesamt hat man sich hier offenbar in vielerlei Hinsicht bedient), aber lieber gut geklaut, als schlecht selbst gemacht. Lediglich die Alibistory und deren Charaktere fallen negativ auf, so dass es einem nicht gelingt, vollends ins Spiel einzutauchen und auch ein echter Widerspielwert oder Langzeitmotivation sind nicht vorhanden.

Grafisch gibt es nichts zu meckern, reichlich Physikspielereien, tolle Cutscenes, eindrucksvolle Bossgegner und (optisch) abwechslungsreiches Leveldesign. Die Animationen sind durchweg gelungen und nach einer kurzen Eingewoehnungsphase sieht auch das Blut ganz nett aus, inklusive zerfetzter Koerper(teile) mit Ragdollphysik, um nur ein Detail zu nennen.

Akustisch wuerde ich die Hoechstnote vergeben, (englische) Sprecher, Soundeffekte und Musik bilden ein rundherum gelungenes Gesamtbild, was sehr zur bombastischen Action passt. Auch hier gibt es also nichts zu meckern.

Das Gameplay ist dagegen nicht der Rede wert. Am ehesten mit einer stark vereinfachten Variante von Brothers in Arms vergleichbar, wobei ich bei GoW die Moeglichkeit, Befehle an die Teamkollegen zu geben, so gut wie nie genutzt habe. Von der (gelungenen) optischen Praesentation der Levels abgesehen, hechtet man eigentlich nur strikt linear von Punkt A zu Punkt B, um sich zur naechsten Deckung vor zu schlagen. Die gelegentlichen Passagen, wo man sich zwischen zwei Wegen entscheiden muss, sind kaum nennenswert. Immerhin erfreulich, dass man vollstaendig auf ohnehin nur deplatziert wirkende Raetseleinlagen verzichtet hat. Hier kann GoW jedenfalls keinen Kreativitaetsbonus gewinnen, aber immerhin hat man das, was man gemacht hat, solide umgesetzt.

Die KI ist auf den ersten Blick ganz solide, Gegner verschanzen sich hinter Deckungen und greifen gelegentlich sogar von der Flanke an. Allerdings gibt es erhebliche KI-Aussetzer, z. B. beim Beschiessen eines fast komplett gedeckten Gegners. Dieser wechselt nicht die Stellung, sondern bleibt fest stehen, bis er genug Kugeln zum Umfallen geschluckt hat. Gelegentlich bin ich um eine Deckung herum gerannt, nur um einen Gegner vor zu finden, welcher sich mit dem Ruecken zu mir hinter einer Deckung verschanzt hatte und nicht einmal bei Beschuss auf mich reagierte. Auch die eigenen Teamkollegen scheinen lediglich die Intelligenz eines Zombies zu besitzen. So rennen diese ins feindliche Feuer, bzw. direkt hinter oder mitten in die feindlichen Linien, um dort nach allen Regeln der Kunst zersiebt zu werden. Aergerlich ist dies insbesondere in mindestens einer Sequenz, wo das Ableben eines Teamkollegen zum sofortigen Game Over fuehrt. Generell habe ich keine Probleme mit einer dummen KI, jedenfalls, sofern dies auch zum Spiel passt. Hier sind die KI-Aussetzer aber einfach nur nervig und treffen einen wie ein Schlag ins Gesicht, wenn man mal wieder "KI-Aussetzer" ruft, weil ein Gegner oder Teamkollege scheinbar in den Dornroeschenschlaf verfallen ist. Die KI ist vieleicht ausreichend fuer einen Budgetshooter oder ein anderes Mittelklassespiel, von einem "Kultspiel" erwarte ich allerdings etwas mehr.

Die Story ist fuer mich der groesste Schwachpunkt des Spiels. Die Charaktere bleiben bis zum Ende hin blass und eindimensional. Und dies ist fuer mich einfach unverzeihlich. Fuer richtige Atmosphare, die einen in die Spielwelt eintauchen laesst, muss man sich mit den Charakteren identifizieren koennen und Sympathien und Antipathien gegenueber gewissen Charakteren entwickeln. Fehlanzeige. Geht einen am Arsch vorbei.
Zwar sind die Cutscenes sehr gut gemacht, bieten allerdings nicht mehr, als ein actiongeladenes Eyecandy. Hier haette ich mir wesentlich mehr erhofft. Eine Beziehung der Charaktere untereinander, sowie eine Hintergrundgeschichte zu den Charakteren, will einfach nicht aufkommen. Die Charaktere kennen sich zwar anscheinend bereits, ich als Spieler kenne sie allerdings nicht, und lerne sie im weiteren Spielverlauf auch nicht kennen. Ergo sind sie mir auch scheissegal. Besondere Faehigkeiten oder charakteristische Eigenschaften sind nicht vorhanden, die Charaktere uninteressant und austauschbar, weder sympathisch, noch unsympathisch, einfach leere Huellen. Die Konversationen beschraenken sich auf markige Sprueche mit dem boesen F-Wort und Missionsbeschreibungen.
Fuer mich der groesste und zugleich (fast) einzige wirkliche Schwachpunkt des Spiels. Bei Jericho (welches zudem noch MEHR Charaktere hatte) bekamen die Charaktere immer mehr Tiefe, man wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht und was aus den Charakteren wird. Und wenn es dann einen erwischt hat, so ging dies nicht einfach an einem vorbei, sondern man hat selbt mitgefuehlt. Laeppische vier Leute bei GoW nicht ausreichend charakterisieren zu koennen, ist IMHO einfach nur peinlich. So als haette man sich gedacht "passt schon, befassen wir uns nicht mit so unwichtigen Dingen, das faellt eh niemanden auf, weil die Leute sowieso nur ballern und die Grafik bestaunen wollen.". Die Story von GoW ist nicht interessanter als die von SoF:Payback, jedoch wird letzteres dafuer kritisiert und bei GoW ein Auge zugedrueckt. Fuer einen angekuendigten Toptitel fehlt es hier einfach am entsprechenden Rundschliff und es grenzt schon an Fahrlaessigkeit, die Story und das Charakterdesign derart zu vernachlaessigen.

Als vorletzten Negativpunkt moechte ich auch noch den Kampf gegen General RAAM nennen. Selten so ein behindertes Showdown gespielt. Unfair, uninnovativ und schlichtweg nervig. Hat mich ein paar Dutzend Versuche und den letzten Nerv gekostet, den Trottel doch noch ins Jenseits zu befoerdern, obwohl ich ansonsten immer recht flott durch das Spiel marschiert bin. Vor dem Ende noch so einen Brocken, um das Spiel kuenstlich in die Laenge zu spielen, ist einfach bescheuert und unnoetig.

Zwar empfand ich die Spieldauer als durchaus angemessen und laenger als z. B. bei CoD4, Langzeitmotivation (ich beziehe mich hier nur auf den Singleplayer, Multiplayer juckt mich nicht) ueber den Abspann hinaus ist jedoch nicht vorhanden. Hat man das Game einmal gespielt, hat man bereits alles gesehen. Die Moeglichkeit, gelegentlich zwischen zwei Pfaden waehlen zu koennen, reicht mir hier nicht als Motivation. Auch das erneute Durchspielen auf einem hoeheren Schwierigkeitsgrad bietet nichts Neues. Geheimraeume oder -Levels oder Anspielungen, Easter Eggs, "echte" Secrets oder das Erkunden der Umgebung ist nicht vorhanden. Die versteckten Hundemarken und Achievments gehen mir ebenfalls am Arsch vorbei und sind fuer mich nichts weiter, als ein klaeglich gescheiterter Versuch, Langzeitmotivation zu simulieren, um die Leute bei Stange zu halten, bis sie alles freigeschaltet haben, um damit online vor ihren Kumpels angeben zu koennen. Keine verschiedenen Endsequenzen, keine Interaktion mit der Umwelt, keine Flexibilitaet, keine Story, von welcher man sich noch einmal begeistern lassen will, kein Grund, das Spiel nach dem Abspann nicht zu deinstallieren, um es in der Ecke verrotten zu lassen.

Und das ist auch der Grund, weswegen ich das Game gleich nach dem (unspektakulaeren, da schon zu oft bei vergleichbaren Titeln gesehen) Abspann deinstalliert habe und es auch bestenfalls noch einmal installieren werde, um mir die Grafik auf einem Hi-End Rechner anzusehen. Von einem "Kultspiel", welches von Presse und Fangemeinde gleichermassen in den Himmel gelobt wurde, habe ich jedenfalls nichts gemerkt. Es ist und bleibt ein 08/15 Shooter, der ohne die opulente Grafik Blei in den Regalen geblieben waere. Aehnlich wie bei CoD 4 war der erste Singleplayer-Durchgang eine rasante Achterbahnfahrt, die Spass gemacht hat, aber kaum Wiederspielwert oder Langzeitmotivation besitzt. Abgesehen von einer tollen optischen und akustischen Praesentation gibt es einfach nichts, was das Spiel aus der Masse der Shooter hervor heben wuerde. Hochglanz-Massenware, um die Schweine zu fuettern und Hype-Kiddies mit Next-Gen-Konsole beim Erwaehnen des Spielenames einen Staender zu bescheren. Das reicht ja bei der heutigen Spieleindustrie. Hauptsache, man verdient Kohle, indem das Teil von der Masse gekauft wird. Eine Achterbahnfahrt, die man in ein paar Jahren (wenn die Grafik als veraltet gilt) vergessen haben wird. Ein klassisches Beispiel dafuer, wie sehr unsere Gesellschaft zu einer von der Popultur gepraegten Konsum- und Wegwerfgesellschaft mutiert ist. Die technische Praesentation aussen vor gelassen, fehlt es einfach an nachhaltiger Substanz. Ein Doom, Crusader, Cybermage, Duke 3D etc. wird man auch in Jahren noch spielen, obwohl die Grafik bereits laengst masslos veraltet ist, weil es viel zu entdecken gibt, so dass man bei jedem neuen Durchgang immer noch eine Ueberraschung erlebt, dass einem selbst heute noch gelegentlich die Kinnlade runter klappt. GoW reiht sich jedenfalls problemlos in die Reihe der Moechtegern-Kultspiele Marke HL2, FEAR und CoD4 ein, von denen in ein paar Jahren niemand mehr sprechen wird, obwohl (oder gerade weil?) es (fast) jeder gespielt hat.

Ein Spiel wie...

...ein Menue von McDonald's. Runterwuergen, um den Hunger zu stillen, nur um danach wieder Hunger zu haben, um erneut etwas nach zu stopfen. Satt geworden bin ich davon jedenfalls nicht.

Insgesamt gut gemeinte 7/10 Hundemarken, in der Liste meiner Lieblingsgames taucht GoW jedenfalls nicht auf... Schade eigentlich :(

"Zusatzfeatures" wie die zwingende Installation von Windows Live, den Coop-Modus und den Multiplayermodus habe ich bewusst nicht erwaehnt, weil fuer mich nur der Singleplayer-Part als solches zaehlt, vom restlichen Drumherum mal ganz abgesehen.

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