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Review zu Prey: We Are Next. (2006) |
Spektakuläre Ernüchterung |
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Nur ein weiterer frustrierender Tag im Leben Tommy, ein Nachfahre der Cherokee. Mit seinen Wurzeln verbindet ihn nichts und das Leben im Reservat hat er endgültig satt und plant, endlich abzuhauen. Das einzige, das ihn noch hier hält, ist seine Freundin Jen. Ihr bedeutet ihre Heimat sehr viel und sie weigert sich kontinuierlich, Tommys Umzugsplänen zu folgen. Auch heute versucht er wieder, sie davon zu überzeugen ihr tristes Leben hinter sich zu lassen. Doch all zu weit kommt er nicht: Unvermittelt wird im Fernsehen der nationale Notstand ausgerufen und kurze Zeit später tauchen seltsame grüne Lichter am Himmel auf - eine außerirdische Invasion! Eines der Raumschiffe entführt auch Jen, Tommy und seinen Großvater Enisi und bringen sie an Bord eines riesigen Mutterschiffs. Noch während des Transports kann sich Tommy befreien und flieht, die anderen werden aber verschleppt. Fortan hat Tommy nur noch ein Ziel vor Augen: Jen und Enisi aus den Klauen der Invasoren zu retten und möglichst schnell von Bord des Raumschiffs zu fliehen!
Eigentlich hätten wir dieses Spiel ja nie zu Gesicht bekommen sollen. Ursprünglich entwickelt wurde es mitte der 90er von 3D-Realms, den Entwicklern von "Duke Nukem 3D" und "Shadow Warrior". Das Spiel war damals schon weit fortgeschritten und bot auch für heutige Verhältnisse eine ziemlich spektakuläre Engine. Zwar würde diese grafisch niemanden mehr vom Hocker hauen, die vielen kleinen und innovativen Features, die in den Preview-Videos zu sehen waren, entzücken aber auch heute noch. Allen voran begeisterte vor allem die Portal-Engine, mit der grafische spektakuläre und nie dagewesene Teleporter möglich waren. Man konnte durch die Portale in andere Levelabschnitte sehen, reinschiessen, halb durchgehen und somit praktisch gleichzeitig an zwei Orten im Level sein - kurzum, eine herrliche und innovative Spielerei, die richtig Lust auf den Titel machte. Dann kam die große Schocknachricht: Aus nicht näher genannten Gründen wurde das Spiel 1998 auf Eis gelegt. Offiziell eingestellt wurde die Entwicklung zwar nie, mit der fortschreitenden Zeit wurde eine Veröffentlichung des Titels aber immer unwahrscheinlicher, und als 3D-Realms 2000 dann auch jeglichen Inhalt des Spiels von ihrer Homepage nahm, wurde das Spiel offiziell für tot erklärt.
Im Jahr 2005 kam dann die große Überraschung, als es hieß, dass man nunmehr schon seit 2001 wieder an dem Titel arbeite. Diesmal unter der Flagge der Entwicklerfirma Human Head Studios, die bislang vor allem für das düstere und sehr gelungene "Rune" bekannt waren. Inzwischen basierte das Spiel auf der Doom 3-Engine. Noch überraschender war es dann, als kurze Zeit später auch schon eine spielbare Demo veröffentlicht wurde. Was die Leute von Human Head Studios hier ablieferten, war wirklich so spektakulär wie schon lange kein Spiel mehr. Das ganze fängt schon richtig stimmungsvoll mit einer wunderschön trashigen Alien-Invasion an, die sämtliche Klischees bietet, die man aus UFO-Filmen kennt: Lichter am Himmel, die aus dem Nichts auftauchen, Traktorstrahlen, die alles mögliche nach oben ins Raumschiff ziehen - und alles wird passenderweise begleitet von einem Song der Band "Blue Öyster Cult". Herrlich! Weniger trashig, dafür atmosphärisch ziemlich dicht und grauenerregend geht es kurz darauf an Bord des Mutterschiffes weiter. Nach erfolgreicher Flucht aus dem Gefangenentransport geht der Horror erst richtig los. Nur mit einer Rohrzange bewaffnet schleicht der Spieler durch dunkle, biomechanische Gänge und trifft schnell auf die ersten bizarren Kreaturen. Doch das ist noch lange nicht alles: Das ganze Schiff ist ein einziges, verrücktes Irrenhaus. Nicht nur, dass man überall auf weitere gefangene, verzweifelte und tote Menschen trifft, entsetzte Schreie durch die Gänge hallen und ein heilloses Durcheinander herrscht - auch scheinen an Bord des Schiffs andere Gesetze der Gravitation zu gelten als auf der Erde, denn überall rennen Aliens nicht nur auf dem Boden, sondern auch an Decken und Wänden herum.
Spielerisch ist gerade letzteres mitunter das stärkste Feature, das Prey interessant macht. Zum einen wurde die zuvor angesprochene Portal-Technologie auch in die von Human Head Studios programmierte Prey-Version integriert, zum anderen ist Prey ein Shooter, der alle drei Dimensionen ausführlich nutzt. Wie auch die Aliens kann der Spieler nicht nur den Boden, sondern auch Wände und Decken zur Fortbewegung nutzen. Dies wird zum einen mit den sogenannten "Wall Walks" möglich: Magnetische Bahnen, die an Wänden und Decken befestigt sind und somit die Fortbewegung auch kopfüber und seitwärts ermöglichen. Als zweite Möglichkeit dienen blau schimmernde Energie-Pads, die an Böden, Decken und Wänden befestigt sind. Schießt man auf sie, dreht sich Raum in die Richtung der Fläche, auf der sie befestigt sind. So kann man dann Stellen erreichen, die man vorher unmöglich hätte betreten können. Ein weiteres interessantes Feature des Spiels ist der "Spirit Walk", bei dem Tommy seinen Körper verlassen und Stellen betreten kann, die er als sterblicher nicht hätte erreichen können. Als Geist kann Tommy auch durch Scheiben schlüpfen und gelegentlich auch Abgründe überwinden, um beispielsweise dort dann Schalter zu aktivieren, um weiterzukommen. Mit all diesen Features ergibt das ganze immer wieder recht nette Puzzles, bei denen es die Möglichkeiten geschickt einzusetzen gilt. Auch noch erwähnenswert ist die "Spirituelle Unsterblichkeit". Anstatt dem Spieler nach seinem virtuellen Ableben einen "Game Over"-Bilschirm vorzusetzen, wird dieser in eine Zwischenwelt teleportiert, in der er die Chance hat, mittels Pfeil und Bogen rote und blaue Geister abzuschießen, die ihm wieder Lebensenergie geben. Hat man dann mehrere Geister erwischt, wird man wieder an die Stelle teleportiert, an der man vorher gestorben ist.
Alles in allem hat die Demo einen riesen Spaß gemacht, und nachdem ich sie mehrere Male durchgespielt hatte, war klar: Die Vollversion muss her! Gesagt, getan, wenige Tage später flatterte dann auch das Spiel in den Briefkasten und ich machte mich gleich an die Installation. Nachdem es endlich drauf war, spielte ich los. Die ersten paar Levels, die ich in der Demo nun schon mehrere male gespielt hatte, machten immer noch Spaß, ich kannte sie aber inzwischen fast schon auswendig und wollte endlich weiterzocken. Nachdem ich dann nach einer geschätzten Stunde auch endlich in neue Gefilde kam, machte sich nach einiger Zeit Ernüchterung breit. Zwar bietet das Spiel auch weiterhin immer wieder die zuvor genannten Features wie Portale und Gravitationsspielerein, sie werden aber nach einiger Zeit schon zur Gewohntheit und fangen an, zu langweilen - weil es immer das selbe ist. Auch sonst vermisst man im weiteren Spielverlauf Abwechslung: Wie schon in Doom 3 läuft man durch immer gleich aussehende dunkle Gänge, fast immer begegnet man den selben Gegnern und auch die gescripteten Situationen bringen kaum Abwechslung. Man kann sich nach dem x-ten Ereignis denken, dass wohl auch in jedem weiteren Fall, in dem der Spieler eine Wall Walk-Bahn betritt, irgendwo ein Portal aufgeht und ein paar feindliche Truppen heranstürmen werden. Vorzugsweise dann, wenn man kopfüber mitten an der Decke hängt. Auch der Einsatz des Spirit Walks wirkt schnell nicht mehr so innovativ wie anfangs. Fast immer, wenn man an einen Abgrund oder an deine Scheibe kommt, muss man aus dem Körper schlüpfen und einen Schalter auf der anderen Seite aktivieren - die Puzzles, die anfangs noch zum Überlegen einluden, sind mit der Zeit auch immer das selbe. Meißtens nahmen einem die Leveldesigner sogar noch die Überlegung, ob man jetzt vielleicht aus dem Körper schlüpfen sollte, indem sie an entsprechenden Stellen ein übergroßes und deutlich sichtbar glühendes Zeichen an entsprechenden Stellen plazierten. Außerdem macht die spirituelle Unbesiegbarkeit das Spiel viel zu einfach. Schnell lernt der Spieler, dass er sich bei Bosskämpfen auch den dicksten Viechern einfach in den Weg stellen und draufballern kann, anstatt eine Taktik zu entwickeln - denn wenn man stirbt, darf man ja ein paar Sekunden später eh wieder weitermachen. Dadurch wird dem Spiel viel Herausforderung genommen.
Schlecht ist das Spiel trotz mangelnder Abwechslung trotzdem nicht unbedingt. Vor allem die Grafik ist dank Doom 3-Engine einfach fabelhaft. Auch wenn der Look der Engine einerseits etwas seltsames an sich hat, muss doch jeder zugeben, dass die Optik einfach bombastisch ist. Selbst auf den niedrigsten Detailstufen wird man durch das Spiel - von ein paar wenigen Texturen mal abgesehen - immer wieder in Staunen versetzt. Ähnliches gilt auch für den Sound, der wirklich als gelungen bezeichnet werden kann. Sowohl die theatralische Musikuntermalung, wie auch der sehr atmosphärische Umgebungssound und die professionellen Sprecher verleihen dem Spiel eine hervorragende Soundkulisse. Eines der Highlights sind immer wieder Beiträge aus einer Radio-Talkshow, die an verschiedenen Stellen des Raumschiffs zu hören sind. In dieser melden sich Hörer des Radiosenders und erzählen von den Geschehnissen der Alieninvasion in verschiedenen Teilen der Erde. Die dabei ablaufenden Gespräche sind wirklich ulkig und haben einen hohen Unterhaltungsfaktor. Dialogtechnisch fällt auch der Hauptcharakter Tommy immer wieder auf, vor allem dank der für Videospielverhältnisse recht herben Sprache, die er an den Tag legt. Die Sprache des Spiels ist übrigens in allen weltweit erschienen Versionen englisch, lediglich die Untertitel gibt es in diversen anderen Sprachen. Meiner Meinung nach aber eine gute Entscheidung, denn es gab schon zu viele grausam übersetzte und schlecht gesprochene deutsche Synchronisationen, die ein Spiel oftmals atmosphärisch ziemlich abgewertet haben.
In Sachen Waffen- und Gegnerdesign und Auswahl hat man mit Prey nicht unbedingt die Welt neu erfunden, hat ihnen aber immerhin einen recht eigenen und originellen Look verpasst. Die verfügbaren Waffen sind im Prinzip das Standartrepertiore aller Shooter: Eine Nahkampfwaffe, Maschinengewehr, Raketenwerfer, Laser, Handgranaten und ähnliches. Jedoch haben alle ihren eigenen Look und machen einen recht "lebendigen" Eindruck, den fast alle Waffen bestehen aus biomechanischem Material, als Granaten dienen sogar außerirdische Käfer, die auch mit dem Alien-Pendant zum irdischen Raketenwerfer verschossen werden. Damit noch etwas mehr Abwechslung ins Spiel kommt, besitzen alle Waffen einen alternativen Feuermodus. Mit dem Standart-Gewehr kann man zoomen und somit auch weit entfernte Gegner ausschalten, die Säurekanone verschießt auf Wunsch gleich das ganze Magazin und die Laserkanone lässt sich mit unterschiedlichen Munitionstypen bestücken. Von den Gegnern bekommt man zuhauf den Standart-Soldaten zu Gesicht, der mit Schnellfeuergewehr und Granaten-Käfern Jagd auf Tommy macht. Abwechslung bieten immer wieder auch mal dickere Gegner, die sich teilweise auch per Jetpack in der Luft bewegen, an bestimmten Stellen trifft man auf Zwischenbosse. All zu schwer zu besiegen sind diese aber nicht - wie vorher schon erwähnt sind die Bosskämpfe dank spiritueller Heilungsmöglichkeiten viel zu einfach.
Übrigens ist die deutsche Verkaufsversion, anders als man es erwarten könnte, komplett unzensiert. Auch in der deutschen Version spritzt der rote Lebenssaft bei jedem Treffer und sämtliche gorehaltigen Szenen sind ebenfalls enthalten. All zu krasse Splatterszenen sollte man aber dennoch nicht erwarten.
Zusammenfassung
Alles hätte so schön werden können. Die Feature-Liste von Prey klingt vielversprechend, die Grafik und der Sound sind wirklich sehr gelungen. Auch besitzt das Spiel durchaus die ein oder andere Innovation. Leider wird das Spiel nach einiger Zeit aber auch verdammt eintönig und die anfangs noch coolen Spielereien werden schnell zur Gewohnheit und langweilig. Immer wieder die selben Situationen, ständig die selben Gegner und Puzzles - auf die Dauer ödet das Spiel ziemlich an. Wirklich schade, mit ein wenig mehr Kreativität hätte aus dem Spiel ein wirklicher Top-Titel werden können. Besonders schade ist es, weil das totgeglaubte Spiel wie aus dem nichts wieder auftauchte, viel versprach und dann doch nicht alles halten konnte.
Ich empfehle euch, auf jeden Fall die Demo runterzuladen und diese durchzuspielen, denn die ersten Levels machen wirklich noch richtig Spaß und da die Demo nichts kostet, sollte man sich das Erlebnis nicht entgehen lassen. Die Vollversion muss meiner Meinung nach aber nicht unbedingt sein, wer sie dennoch spielen will, holt sich das Spiel am besten für ein Wochenende aus der Videothek. Nochmals kaufen würde ich es nicht unbedingt. Wenn, dann nur als Budget-Titel. |
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