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Review zu Reservoir Dogs (2006) |
Bam, Bam, Bam, Bam!! |
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So ziemlich jeder, der sich für Actionfilme interessiert, wird den Namen "Reservoir Dogs" kennen. Schließlich handelt es sich hierbei um eines der Werke von Kult-Regisseur Quentin Tarantino. In diesem geht es um eine Gruppe Verbrecher, die ein großes Juweliergeschäft ausrauben - und irgendwas geht schrecklich schief. Wie aus dem nichts taucht plötzlich eine ganze Armada Cops vor dem Geschäft auf, einige der Gangster werden schwer verletzt oder getötet und jeder schaut nur noch darum, seine eigene Haut zu retten - das reine Chaos bricht aus.
Im Film selber sieht man vom Überfall eher wenig, fast der ganze Film spielt sich in einer Lagerhalle ab, die nach dem Coup als Treffpunkt dienen soll. Je länger der Film geht, desto mehr Fragen wirft er auch auf, die für den Zuschauer ungeklärt bleiben. Und genau hier setzt das Spiel ein. Aus der Perspektive der verschiedenen Gangster darf der Überfall und das Chaos danach hautnah miterlebt werden. Dabei werden viele ungeklärte Fragen gelöst, etwa wo Mr. Blonde den Polizisten entführt hat, was mit Mr. Blue geschah, wo Nice Guy Eddie die Autos entsorgt hat und wo Mr. Pink die Diamanten versteckt hat.
Eins vorweg, ein all zu großer Tarantino-Fan bin ich nicht. Der ein oder andere Film von oder mit Tarantino konnte mich durchaus überzeugen, so finde ich beispielsweise "Pulp Fiction" oder "From Dusk till Dawn" echt genial. In der Film-Szene wird der Mann teilweise ja schon fast als Gott angeprießen. Ich bin allerdings vom Großteil der Filme mit Tarantino-Beteiligung eher enttäuscht, bzw. habe mir von vielen Filmen mehr versprochen. Unter anderem auch von "Reservoir Dogs", der nun 2006 als Computer- und Videospiel umgesetzt wurde.
Eins hat mich am Film vor allem gestört: Im Prinzip wird die ganzen 90 Minuten fast nur gelabert, gelabert und nochmal gelabert. Von dem Überfall selbst und dem heillosen Durcheinander nach dem Coup sind im Film nur sehr wenig Szenen zu sehen. Genau das krasse Gegenteil ist das Spiel: Hier wird Action groß geschrieben und vor allem geballert, geballert und nochmal geballert. Das Spiel beginnt im obersten Stockwerk des Juweliergeschäfts, in dem sich gerade der Gangster "Mr. Blue" befindet, dessen Rolle der Spieler übernimmt. So schießt er sich den Weg zum Ausgang frei, nur um festzustellen, dass er der einzige noch am Tatort verbliebene Verbrecher und von Polizisten umringt ist. Was ist geschehen, woher kommen all die Cops und wo sind alle anderen hin?
Nach und nach wird alles mehr oder weniger aufgeklärt, denn der Spieler darf nicht nur die Rolle von Mr. Blue, sondern auch die der anderen Film-Gangster übernehmen und ihre Geschichten - ganz im Tarantion-Style - Episodenweise nachspielen. Das Spielprinzip ist ganz klar auf Action ausgelegt, bietet aber weit mehr als nur stupides Geballer. Wer nämlich schutzlos einfach ins feindliche Feuer rennt, wird sehr schnell ins virtuelle Gras beißen. Viel mehr sollte man sich eine gute Deckung suchen, und davon bietet das Spiel reichlich. An jeder Wand und hinter fast jedem Gegenstand kann sich der Spieler verschanzen und so aus der Deckung heraus auf die Gegner feuern. Die tun allerdings auch das selbe, und so kommt es oft darauf an, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen um aus der Deckung herauszufeuern, um nicht selber vom Gegner erwischt zu werden.
Ein weiteres wichtiges Element des Spiels ist das Geiselnehmen. Fast jede Spielfigur, egal ob Zivilist, Security oder Spezialeinheit, kann als Geisel genommen werden. Mit einer Geisel hat man unschlagbares Argument auf seiner Seite, und das Verhalten der anderen Spielfiguren wird dadurch erheblich beeinflusst. Polizisten beispielsweise werden nicht mehr einfach auf den Spieler ballern, sondern versuchen, den Spieler zur Aufgabe zu überreden. Der Spieler hat hier aber klar die Trümpfe in der Hand und kann oft Polizisten und Wachmänner davon überzeugen, selbst ihre Waffen abzulegen und sich hinzuknien - notfalls mit etwas Gewalt, indem man die Geisel schlägt und somit zeigt, dass man es ernst meint. Hat man dann Polizisten etc. entwaffnet, kann man diese wiederum als Geiseln nehmen und evtl. in Räume einsperren, um sie so auszuschalten ohne sie töten zu müssen. Das klingt recht simpel, hat aber durchaus seine Tücken. So ganz einfach ist es nämlich nicht, die Gegner in Schach zu halten. Einzelne oder kleinere Gruppen von zwei bis drei Polizisten lassen sich noch recht einfach beherrschen, je mehr Personen sich aber in einem Raum befinden, desto schwieriger wird es. Zivilisten drehen leicht durch und wollen flüchten, Polizisten und Securities lassen kaum eine Situation aus, um in einem unbeobachteten Moment doch wieder zur Waffe zu greifen. So kann es oft vorkommen, dass man eine Situation scheinbar perfekt im Griff hat, und plötzlich ein Polizist von hinten angeschlichen kommt und die ganze Situation eskaliert weil andere Polizisten wieder ermutigt werden, ihre Waffen aufzunehmen und Geiseln durchdrehen und abhauen.
Wie sich der Spieler letztendlich verhält, bleibt ihm völlig selbst überlassen. Ob er sich jetzt als Rambo knallhart durch die Levels ballert und Geiseln exekutiert oder als Profi lieber geplant agiert, sich versteckt und Gegner entwaffnet und einsperrt, das bleibt völlig dem Spieler überlassen. Je nachdem, wie er sich verhält, gibt es auch verschiedene Endsequenzen und Bewertungen: Von "Professional" über "Career Criminal" bis hin zu "Stone Cold Psycho"
Zur stylischen Inszenierung gehört nicht nur die Tarantino-typische Episoden-Erzählweise. Für verschiedene Aktionen wie das töten von Feinden, Geiselnehmen und entwaffnen von Gegnern füllt sich eine blaue Leiste. Ist diese voll, kann der Spieler wahlweise entweder den "Bullet Festival"-Modus einschalten oder einen "Signature Move" ausführen. Bei ersterer Möglichkeit wird die Zeit stark verlangsamt, die Umgebung verschwimmt und wird in Graustufen angezeigt. Nun hat der Spieler ein paar Sekunden Zeit, Gegner in Ruhe anzuvisieren und einige Kugeln abzufeuern, die dann in Zeitlupe in der Luft schweben. Ist die Zeit dann zu Ende, schlagen die Kugeln in die Gegner ein. Vor allem mit vollautomatischen Waffen ist es so möglich, einer Übermacht schnell Herr zu werden. Bei den "Signature Moves" handelt es sich um eine Möglichkeit, einen ganzen Raum zu entwaffnen. Dazu braucht man eine Geisel, die dann je nach Spielfigur unterschiedlich exekutiert werden. So wird der Geisel beispielsweise (angelehnt an den Film) ein Ohr mit einem Rasiermesser abgeschnitten oder sie wird brutal zusammengetreten. Vor Entsetzen geben alle gegnerischen Spielfiguren auf und legen ihre Waffen nieder.
Im Spiel steht den Gangstern ein umfangreiches Waffenarsenal zur Verfügung, das von einfachen Pistolen über Schrotflinten und verschiedenen Granaten wie Explosiv- oder Blendgranaten bis hin zu Maschinenpistolen, Scharfschützengewehr und Betäubungswaffe reicht. Von einigen Waffen kann man auch zwei Stück gleichzeitig aufnehmen und so beidhändig schießen. Mitnehmen kann der Spieler maximal bis zu drei Waffentypen, zum einen kleine Waffen wie eine Pistole, dann eine Langwaffe auf dem Rücken und noch einen Granatentyp in der Tasche. Hat man eine Geisel genommen oder ein Schutzschild in der Hand, können nur Kurzwaffen wie Pistolen oder Uzi eingesetzt werden.
Neben den vielen Missionen, in denen man zu Fuß unterwegs ist, gibt es auch einige Levels, in denen man mit dem Auto quer durch die Stadt heizt. Beispielsweise gilt es hierbei, die Polizei abzuhängen, in einer bestimmten Zeitspanne das Ziel zu erreichen oder den Fahrer eines anderen Autos vor seinen Verfolgern zu beschützen. Eine der spannendsten und zugleich schwierigsten Automissionen ist dabei sicherlich die, in welcher dem Fahrer in den Kopf geschossen wurde und sich der Bildschirm nach und nach mit Blut füllt und somit das Sichtfeld erheblich einschränkt. Während der Raserei füllt sich ebenfalls eine blaue Leiste, indem man andere Autos abschießt oder spektakuläre Sprünge hinlegt. Mit dem Nitro-Knopf kann man dann das Auto beschleunigen und so schneller ans Ziel kommen. Umgesetzt sind die Auto-Levels recht solide, sie machen aber bei weitem nicht so viel Spaß wie die normalen Missionen, und besonders die Steuerung gestaltet sich hier teilweise etwas hakelig.
Die Steuerung der Spielfiguren hingegen ist unkompliziert und einfach zu beherrschen, besonders die vielen und schnellen Wechsel der Deckungen gehen schon nach Minuten problemlos von der Hand. Grafisch ist Reservoir Dogs nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit, vor allem einige Texturen an den Autos und die Gesichter einiger Spielfiguren wirken hässlich, insgesamt kann die Grafik unter anderem aber z.B. mit den Zeitlupeneffekten und stylischer Präsentation durchaus überzeugen. Soundtechnisch überzeugt das Spiel durchweg, von den authentischen Waffensounds über stimmige Umgebungsgeräusche bis hin zur tollen Musik. Auch die Sprecher haben durchweg alle eine gute Figur bewiesen. Zwar ist es schade, dass Michael Madsen als Mr. Blonde der einzige Originalsprecher aus dem Film ist, aber auch die anderen Synchronstimmen können durchaus überzeugen. Außerdem hat man seit "Kingpin - Life of Crime" nicht mehr so oft das Wort "Fuck" in einem Computerspiel gehört ;)
In Deutschland ist das Spiel zwar offiziell nicht erschienen, da die USK eine Freigabe verweigert hat, in vielen Märkten ist die EU-Version trotzdem zu finden. Hier kann ruhigen Gewissens zugegriffen werden: Sämtliche weltweit erschienen Versionen sind unzensiert und eine zensierte dt. Version ist nicht geplant.
Zusammenfassung
Auch wenn mich der Film nicht wirklich überzeugen konnte, das Videospiel tut es auf ganzer Linie. Knallharte Action, Handlungsfreiheit in Sachen Spielweise und viel Style in der Inszenierung - genau so mag ich das. Zwar hat das Spiel auch seine Schwächen, Grafikfetischisten werden sich etwa über die etwas veraltete Grafik aufregen, und zugegeben, das Spielprinzip ist auf die Dauer etwas eintönig. Zudem ist das Game recht kurz - an einem Tag sollte man das Spiel locker durchhaben. Das Gesamtwerk hat mir aber hervorragend gefallen, es macht einfach riesig Spaß, Geiseln zu nehmen und zu versuchen, das Level als Profi abzuschließen - oder einfach mal durchzudrehen und alles und jeden zu erschießen. Sicher werden viele Filmfans von einer "Verschandelung" ihres geliebten "Meisterwerks" sprechen, Freunde kompromisloser Action und Fans von Spielen wie "Manhunt", "Postal" und "The Punisher" werden aber sicherlich mit diesem Spiel ihre Freude haben und sollten es auf jeden Fall mal antesten! |
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