Eigentlich hatten Sie sich ihren Ausflug etwas anders vorgestellt: Rein ins Flugzeug, den Motor gestartet und ab über die Weiten des Meeres, den Alltag für ein paar Stunden vergessen. Doch gerade, als die Sonne sich langsam dem Horizont entgegen neigt, entdecken Sie die Insel, die ihre Zukunft verändern wird. Unberührte Natur mit traumhaften Südstränden und einem Palmenwald wie aus der Rum-Reklame erstreckt sich unter ihren Augen, und kein Mensch weit und breit.
?Hoffentlich nicht mehr lange?, denken Sie sich, denn in ihrer Phantasie sehen sie ein Urlaubsparadies, in dem Tausender gestresster Wohlstandsbürger für ein paar Wochen in der Sonne ihr Geld ausgeben und ihnen dadurch Reichtum bringen.
Doch halt, bis dahin ist es ein langer, beschwerlicher Weg. Wassre, Palmen und eine Menge Sand reichen leider nicht aus, um in der Touristikbranche das große Geld zu scheffeln. Höchstens ein paar abgedrehte Alternativglobetrotter wagen sich in die Wildnis ohne Fernseher, Strandkorb und Hot-Dog-Bude.
?Schön, sollen sie haben?, denken Sie sich und machen sich tags darauf auf den Weg zur Bank ihres Vertrauens.
Ihr persönlicher Berater empfängt Sie mit offenen Armen, schluckt dann aber doch zweimal trocken, als Sie ihm erklären, dass Sie für ihren Coup lumpige zehn Millionen als Startkapital gut gebrauchen könnten.
Der Chef ihres persönlichen Beraters hegt dagegen keine Bedenken, ihnen die kleine Finanzspritze zu verabreichen. Schließlich seien solche Beträge ?Peanuts?, erklärt er nach Unterzeichnung der Verträge beim abschließenden Sektumtrunk. Man habe ganz andere Beträge in Schneidereien und ähnlichen Wirtschaftszweige investiert.
Für weitere Parties bleibt ihnen ab jetzt keine Zeit mehr: Schon nach wenigen Monaten haben Sie erste Hotels gebaut, Strandkörbe an die Küsten gekarrt, Tennisplätze und Einkaufsmeilen in den karibischen Sand gesetzt.
Während sich Heinz und Rita aus Haselünne die heißen Nächte in zahlreichen Bars und Discos um die Ohren schlagen, sehen Sie ihr Bett nur noch an Schalttagen. Tag und Nacht wälzen Sie Bilanzen und Pläne, entwerfen neue Konzepte für weitere Freizeitsiedlungen. Schnell wird ihnen klar: Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres ? aber nicht für den, der damit sein Geld verdient.
Erst recht nicht, wenn die mächtige Konkurrenz ihnen auf den Fersen ist, ständig ein attraktives Bauland vor ihrer Nase wegschnappt und darauf glitzernde Touristenstädte errichtet. Da heißt es, die Übersicht zu behalten und dem Nachbarn notfalls mit nicht ganz regelkonformen Mitteln in den Pool zu spucken.
Schaffen Sie es, ihre Ziele zu verwirklichen, werden die Bettenburgen auf Mallorca und Ibiza bald zu Jugendherbergen umfunktioniert und Sie dürfen sich König von Holiday Island nennen.
Ansonsten sollten Sie sich schon einmal nach einem Job als Tellerwäscher in einem der zahlreichen Hotels der Konkurrenz bewerben ? und auf den alten amerikanischen Traum hoffen. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal mit der Illusion vom Millionär.
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